piwik no script img

■ Vorweihnachtliche GefildeAdveniat in Feinripp

Jetzt geht das wieder los! Kurz vor Weihnachten ist es immer am schlimmsten. Da schnüren sie, wiewohl auf traurige Art vereinzelt, gleich in Scharen durch die Damenwäsche-Abteilungen der Kaufhäuser: Männer!

Dabei bewegen sie sich wie auf der Großwildjagd. Wackeligen Schrittes, als könne sich unter ihnen jäh die Erde öffnen, sichern sie vergeblich mit den Augen das Terrain nach allen Seiten hin ab. Sie wittern die dünne Luft. Gefahr lauert überall, offene Feindseligkeit bläst ihnen entgegen. Und da passiert es: „Was will der denn hier?“, entfährt es einer Wäsche-Kundin. Auch ohne daß sie mit nacktem Finger auf ihn zeigt, ist er getroffen. Von Scham und Pein paralysiert. Sein Mausetotzustand indes belebt die Kundin, und sie tritt unverdrossen nach: „Ist ja wohl unverschämt, dieser Voyer! Dir fehlt wohl das nötige Kleingeld für den Pornoladen! Exhibitionist!“

Hat er das verdient? Immerhin darf nicht ausgeschlossen werden, daß er nur ein erlesenes Geschenk voller verliebter Anspielungen für den Gabentisch seiner Gattin ergattern oder gar ihrem langersehnten Wunsch nach einem seidenen „Zauberkreuz“entsprechen mochte. Vielleicht auch wollte er, sowas soll vorkommen, einfach nur ein hübsches Stück für sich selbst erstehen? Schließlich kann sich eine filigrane Erotik zwischen buntbedruckten Boxershorts und Feinripp oft nur unzureichend entfalten.

Fromme Wünsche, denen nichts Böses anhaftet, lehrt uns die aufgeklärte Welt. Und doch kann sich kaum eine Frau davon freisprechen, daß sie von Empörung oder gar heiliger Wut gepackt wird, sobald sie eines Mannes auf ihrem Territorium ansichtig wird. Warum auch sollte sie nachgeben?

Die Damenwäsche-Abteilung ist zweifellos, abgesehen einmal vom Damen-Klo, die letzte unangefochtene Bastion der Frauen. Die einzige mit ungebrochener Tradition. Während Schulen, Kirchen und Badehäuser die Geschlechtertrennung aus soziologischen Gründen zunächst aufgehoben haben, um sie neuerdings aus soziologischen Gründen wieder einzuführen, hat die Damenwäsche-Abteilung das Hin und Her der Wissenschaft bislang unbeschadet überstanden. Warum sollte die Frau diese ihre Kulturdomäne jetzt ein paar Weihnachtsmännern und Feinripp-Schissern opfern?

Freilich wird letzteren von prominenter Seite der Rücken gestärkt: Der Mann ist ein Opfer im „Spiegel“der Gesellschaft, erfuhren wir just vom gleichnamigen Polit-Magazin, das sich bemüht, die Frauen in ihrer Gesamtheit als wilde Schar von Erynnien und Harpyien zu beschreiben. Nehmen wir den Spiegel beim Wort. Vertreiben wir die Männer aus dem Paradies der Damenwäsche-Abteilung! Der Mann hat eh selten Geschmack beim Einkaufen, und von Wäschepflege versteht er erst recht nichts. Dora Hartmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen