■ Vorschlag: Thank god I'm welsh – Catatonia spielen im Knaack-Club
Es waren die Manic Street Preachers, die am offensivsten den Briten zeigten, daß auch in Wales gute Popmusik entstehen kann. Mit dem Erfolg, daß mittlerweile die Independent-Plattenfirmen mindestens einmal im Monat ihre Späher in die walisischen Städte schicken, um sich dort ja keinen Trend und keine brilliante Band entgehen zu lassen. Die interessantesten Entdeckungen im letzten Jahr waren Gorky's Zygotic Mynci, die Super Furry Animals und Catatonia. Während man erstere als die neuen Roxy Music abfeierte, erinnerten die Super Furry Animals stark an Supergrass.
Die Sieger in diesem kleinen walisischen Wettbewerb aber war die heute im Knaack auftretende Band Catatonia. Sie beackerte einfach mehr Neuland als die beiden anderen Bands, sie war betreffs ihrer historischen Verweise nicht so leicht zu packen: Ihr Debüt „Way Beyond Blue“ klang zwar nach Indiepop, keine Frage, aber der war sehr rauh, wirr und quengelnd und verwirrte durch den beeindruckend guten und mal kräftigen, mal verträumten Gesang von Vorturnerin Cerys Matthews. Irgendwie konnte sich dann auch niemand von der einst so wachen und einfallsreichen britischen Lifestyle- und Musikpresse entscheiden, in welche Pop-Ecke die Band gestellt werden sollte. Brit-Pop? New Wave Of The Wave? Oder gar supereigenständiger Welsh-Pop? Um zumindest Matthews Stimme auf den Punkt zu bringen, machten Namen wie Björk, Kim Wilde oder Justin Frischmann von Elastica die Runde.
Mit ihrem zweiten Album „International Velvet“ hat Catatonia jetzt noch einen draufgesetzt. Denn die Unbedarftheiten des Vorgängers sind verschwunden, den neuen Songs von Catatonia möchte man gar Reife, Selbstbewußtsein, Größe und massivstes Hitpotential attestieren. Cerys Matthews singt noch betonter, und zwar ganz locker and sweet oder schwer und kräftig, wie es die Dramatik der Songs erfordert. Bei all den dann doch wieder sehr typischen Geschichten vom Ausgehen und die Nacht-nie-zu-Ende-gehen-lassen, vergessen Cerys Matthews und Catatonia aber nicht, wo sie herkommen, und das finden sie auch gar nicht so übel: „Everyday I wake up / I thank the lord I'm Welsh“. Gerrit Bartels
Catatonia, 21 Uhr, Knaack-Club, Greifswalderstraße, Mitte
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