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SanssouciVorschlag

■ Collagen von Kubitzke, Streifen von Berger bei Loulou Lasard

Ausschnitt aus Mark Kubitzke: o.T., 1993/94 Abb.: Galerie

Collage ist ein formalisierter Racheakt an existierenden Bildern: Sie sind nicht, sagt der Collagist, wie sie behaupten zu sein. In der surrealistischen und agitatorischen Tradition war die Collage literarisch gedacht, ein unglückliches Nebeneinander stand für den „Widerspruch“. Seit Pop hat die Collage, die längst ein malerisches Genre ist, einen anderen Sinn: Sie spricht, nicht ohne List und Eigensinn, von der Inkommensurabilität der Welt. Wie kann man das begreifen, Glück und Elend zugleich.

Weniger polemisch hat Mark Kubitzke versucht, ein selbstgewähltes Feld des Unverstandenen zu beackern: den Straßenraum, den Platz des Reisenden, die Spanne zwischen Ekel und Identifikation mit dem Fremden. Seine Bilder, großformatige Collagen auf Leinwand, waren in Ausstellungen der Klasse Walter Stöhrers zu sehen, dessen Meisterschüler Kubitzke ist. Inzwischen, man kann es in der Galerie Loulou Lasard sehen, hat er etwas aufgeräumt, und die neue, malerische Klarheit ist für ihn äußerst produktiv geworden. Je deutlicher gemalte Figuren in Erscheinung treten, desto schlichter können auch die Illustriertenfotos auf die Leinwand montiert werden. Die luftig-malerische Sphäre von „Bahnhofstraße“ – ein fast quadratisches Bild – wird selbst durch die einmontierte Werbefotografie eines roten Lieferwagens nicht gesprengt. Kleinere Arbeiten, in denen Collagen direkt mit Fotos alternieren, zeigen den Prozeß der malerischen Prüfung: Das Gefundene darf nicht schwächer sein als das Erinnerte, das Mechanische nicht „schneller“ als das Gemachte. Kubitzke ist sehr sicher zwischen Kleinteiligkeit und Geste.

Ähnlich wie Kubitzke hat auch Sybille Berger eine sichere Hand bei unkalkulierbaren Farben. Als Studentin im Postgraduiertenprogramm des Goldsmith College in London hat sie sich für eine Tour de force entschieden: auf sechs Leinwänden erforscht sie die Aura der bunten Querstreifen. Der homogenste Entwurf birgt sechs gleiche Streifen im Blau/Türkis-Bereich, die unruhigeren Arbeiten blasse, kaum sichtbare Schnitte und krasse, schmale Bildteiler in Dunkelviolett. Nach der vorangegangenen Arbeit „Pansy“ – einem gigantischen Ensemble von Stiefmütterchen aus Ton, die sich in einem Drahtgeflecht gefangen haben wie Schmetterlinge – setzt auch die neue, malerische Arbeit auf die Gewalt des Faktischen: Es ist ganz unwahrscheinlich, daß jemand gegen die schlaumeierischen „Konzepte“ des Kunstbetriebs den Beweis antritt, daß die Form nicht aufhört zu sprechen, wenn man sie nur sehr bittet. Ulf Erdmann Ziegler

Bis 31.3. Di-Fr 15-19, Sa 11-14 Uhr, Crellestraße 42a.

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