■ Vorschlag: Das Haus der Demokratie zeigt Bilder vom Völkermord in Armenien
„Wer redet heute noch von der Vernichtung der Armenier?“ Mit diesen Worten zerstreute Adolf Hitler am 22. August 1939, wenige Tage vor dem Überfall auf Polen, die Skrupel seiner Generäle angesichts der grausamen Pläne. Zwischen 1915 und 1916 hatten die Jungtürken ihrer eigenen Herrenvolk-Ideologie freien Lauf gelassen und die Ermordung der bald zwei Millionen Armenier im Osmanischen Reich geplant. Die Männer wurden vielerorts sofort hingemetzelt, Frauen und Kinder deportiert. Starben sie nicht unterwegs an Hunger, Erschöpfung oder in den Gemetzeln kurdischer und tscherkessischer Banden, fanden sie meist den sicheren Tod in der syrischen Wüste. Konzentrationslager waren nur für einen kleinen Teil eingerichtet.
Durch deutsche und österreichische Diplomaten, Geistliche und Militärberater waren die Regierungen der Mittelmächte frühzeitig im Bilde über die systematische Abschlachtung der Armenier, ließen ihre osmanischen Verbündeten jedoch gewähren. Der Schriftsteller und Kriegsfreiwillige Armin Wegner konnte trotz Fotografierverbot und einer zwischenzeitlichen Verhaftung in Konstantinopel seine Aufnahmen nach Deutschland schmuggeln. Sie bilden den Kern der Sammlung des Berliner Informations- und Dokumentationszentrums Armenien und sind derzeit mit Fotos aus Frankreich und den USA im Haus der Demokratie ausgestellt.
Dokumentiert sind auch die Massengräber und zerstörten Dörfer nach früheren Pogromen, denen 1894-96 etwa 300.000 Armenier zum Opfer fielen. Monate vor der Verhaftungswelle um den 24. April 1915, den die Armenier weltweit als Tag der Trauer und des Protests gegen die Leugnung des Genozids begehen, kündigten einzelne Massaker und die Erschießung armenischer Offiziere die kommenden Greuel an. Es sind Bilder eines Völkermords, den die türkische Regierung bis heute nicht anerkennt. Stefan Löffler
Armenien 1915/1916: Bilder eines Völkermords; bis 4.10., Di.-Fr. 12-18, Sa. 10-14 Uhr, Haus der Demokratie, Friedrichstr. 165. Lesung von Augenzeugenberichten (17.9., 19.30 Uhr); Diavortrag von Dr. Tessa Hofmann über Heimat und Exil (26.9., 19.30 Uhr)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen