■ Vorschlag: Astrid Hadad – eine Performance der „Königin der Nacht“ im Roten Salon
Gleich im Abschluß an eine andere Königin der Nacht, Laurie Anderson, tritt eine ihrer Bewunderinnen gleich nebenan auf. Astrid Hadad, mexikanische Sängerin, Performerin, Darstellerin, die wohl zu Recht als die einzig legitime Nachfolgerin der wahren Königin der Nacht, der Ranchera-Sängerin Lucha Reyes, bezeichnet werden kann. Allerdings, im Unterschied zu Lucha, die im Mexiko von Frieda Kahlo und Diego Rivera ihre unglückliche lesbische Liebe mit einer noch unglücklicheren Heirat und viel zuviel Tequila zu verkraften suchte und infolgedessen vorwiegend steinerweichende Dramen von sich gab, ist Astrid eine Power-Diva der Ninties. Sie verbindet die klassischen mexikanischen Rancheras und Boleros, Rumba, Salsa und Polka mit kritischen politischen Texten und einer Bildersprache, die sie von der heiligen Jungfrau von Guadalupe zur schmerzensreichen Maya-Pyramiden-Darstellerin werden läßt. Unzählige Kostümwechsel weisen Astrid Hadads eigenen Weg durch die Irrungen und Wirrungen der mexikanischen Geschichte. Das oft zitierte Bild der unterdrückten, geschlagenen mexikanischen Frau wird ebenso kritisch durchleuchtet wie die supersexual Latin Lovera, die naive, US-hörige Konsumfreundin oder das revolverknallende Cowgirl. Bevor sie mit ihrer Band „Los Tarzanes“ an ihren Performances arbeitete und ihre – nunmehr dritte CD – aufnahm, hat sie Theater und Gesang studiert, ist in einigen mexikanischen Soap- operas aufgetreten und war Beraterin für den Film über Lucha Reyes (La Reina de la Noche), der vor zwei Jahren in Cannes Premiere hatte. Mit ihrer immer wechselnden Show tourte Hadad mit Los Tarzanes durch Lateinamerika und den Rest der Welt und ist vor allem bei der kalifornischen Gay Community zum Dauerrenner geworden. Im Juni diesen Jahres war sie beim Festival der Theater der Welt in Dresden und konnte deswegen ausgerechnet die Einladung von Marcos, im lakandonischen Regenwald aufzutreten, nicht annehmen. Wer bei ihren Shows Folklore erwartet, wird entsetzt sein; wem der Begriff Performace einen unangenehmen Geschmack im Mund hinterläßt, wird sich nach ihrer Vorstellung ein neues Feindbild suchen müssen. Damit auch alle verstehen, was sie zu sagen hat, hat sie extra für diese Tour Deutsch gelernt. Ohnehin werden am Ende alle verstehen, was es mit Heavy Nopale – so der Titel ihrer Show – auf sich hat. Annette Weber
Heute und morgen 23 Uhr, Roter Salon in der Volksbühne am Rosa- Luxemburg-Platz
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