■ Vorschlag: Old Britpop: The Wedding Present schrammeln im Knaack-Club
Eine der angesagtesten Bands des Planeten sind The Wedding Present sicher nicht mehr. Obwohl sie aus England kommen und hervorragend als super Britpop verkauft und vermarktet werden könnten. Die Band aus Leeds gehört eigentlich zum alten Eisen, hat unzählige Hypes auf der Insel überlebt und dabei stoisch ihren Sound durch eine ganze Dekade getragen – einen Sound, der sich höchstens in Nuancen verändert hat. Ihr neues Album „Saturnalia“ ist alte Wedding-Present-Schule, steht meilenweit neben dem Trend und klingt trotzdem nicht angestaubt, eher entspannt und locker.
The Wedding Present sind renitent. Ihr Coming-out hatten sie 1986, dem Jahr, in dem Pop und Noise gelungene Verbindungen eingingen. Sie mischten auf dem Class-Of-86-Sampler des NME mit und brachten ein Jahr später ihr Debüt „George Best“ heraus, ein Album, das damals den Ball endgültig für rund und hip erklärte. Gitarren waren da drauf – laut, schnell, dicht und fett –, dazu Melodien, Freude und Ausgelassenheit. Von Punk wollte die Band nicht viel wissen. Auch nichts von bewußter Künstlichkeit, von Camp oder postmoderner Ironie. Man wollte einfach nur spielen und zeigen, daß man „Felicity“ von Orange Juice auch superschnell über die Runden bringen konnte. Als dann alle Gitarrenbands ihr Heil auf den Tanzflächen suchten, waren The Wedding Present ein Auslaufmodell, eine Band, die einer vergangenen Epoche angehörte.
Immerhin landeten sie Anfang der Neunziger auf einem Major und veröffentlichten dort eine ganz eigene Form von Hitparade: Ein halbes Jahr lang produzierten sie monatlich eine Single mit einem Cover auf der B-Seite. Die Go-Betweens wählten sie dafür aus, Neil Young, Altered Images oder gar die Close Lobsters (!). Aber immer hörte man The Wedding Present heraus. Was für sich spricht, die Plattenfirma aber nicht davon abhielt, sie bald wieder zu droppen. Bodenständig stehen sie jedoch weiter auf den Bühnen, und wer den Trends nicht traut, der kann bei The Wedding Present den besten aller Abende verbringen. Gerrit Bartels
Ab 21 Uhr im Knaack-Club, Greifswalder Straße 221
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