■ Vorschlag: Eine kleine Verschwörungsmusik: Fünf Jazzmusikerinnen im Film
Keine Musikszene in der Stadt profitiert so sehr vom Männerbonus wie der Berliner Jazz. Da mutet es schon selbst wie eine Boshaftigkeit an, daß Petra Liesenfeld in ihrem neuen Dokumentarfilm „Quintessenz“ fünf Berliner Jazzmusikerinnen porträtiert hat. In dem zum großen Teil selbst finanzierten Video läßt sie die Bassistin Lizzy Hövel, die Percussionistin Gabriele Kostas, die Saxophonistin Claudia Risch, die Pianistin Carolyn del Rosario und die Sängerin Celine Rudolph zu Wort kommen. Daß diese fünf Musikerinnen selbst als potentielles Quintett auftreten könnten, ist dabei der größte konzeptionelle Eingriff der Filmemacherin. Sie hat sich ihre eigene Band zusammengestellt, obwohl sich die porträtierten Frauen im Film nie begegnen, ja teilweise auch vorher nichts voneinander wußten.
Bis auf die von den Philippinen stammende Carolyn del Rosario sind die Frauen dem großen Publikum – eher mehr als weniger – unbekannt. Sie haben kein Geld, sind keine Berühmtheiten, haben aber „ihr Ding gefunden“. Claudia Risch, deren Mutter Opernsängerin war, wählte das Saxophon, ein Instrument, dem man immerhin den unreinen Ton nachsagt, die stark religiös geprägte, nicht vor der Nonnenschule verschont gebliebene Lizzy Hövel findet irgendwann die Baßgitarre, und Gabriele Kostas, deren Vater eine Blasmusikkapelle in Bayern dirigierte, entdeckte spät, aber unwiderruflich für sich die Schlaginstrumente. Ganz unterschiedlich beantworten die Musikerinnen Fragen nach der Kindheit, dem Alltag, der Musik von Frauen in der Männerdomäne und der hoffentlich besseren Zukunft. Im Film werden ihre verschiedenen Temperamente zu einem gemeinsamen „Stück“ zusammengeführt – der Quint-Essenz als visueller Improvisation. Die Filmemacherin, die sich ihren Weg über Informatik und Medienpädagogik suchen mußte, bringt Frauen wie Musik große Sympathie entgegen. Das Widerständige kommt als „kleine Verschwörungsmusik“ daher. Waltraud Schwab
Premiere heute um 21 Uhr, Arsenal, Welserstraße 25, Charlottenburg
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