■ Vorschlag: Alles wird gut: Sex, saufen, Sozialismus im neuen „Star Trek“
Das hätte es bei dem Enterprise-Erfinder Gene Roddenberry selig nicht gegeben. Schlimm genug, daß seit seinem Ableben selbst so fader Kram wie die ständig „Ich will aber nach Hause!“ nölende TV- Serie „Voyager“ mit dem edlen „Star Trek“-Präfix über die Bildschirme darf. Daß aus den Reihen um Captain Kirk – selbst längst wegen Leibesfülle und Faltenwurf ausgemustert – weniger freundliche Nachworte laut wurden, von wegen Antisemitismus und Homophobie, war auch nicht nett. Wie aber die lieben Hinterbliebenen mit dem neuen Star-Trek-Kinofilm Rodenberrrys Erbe auf den Kopf stellen, sollte den „großen Vogel der Galaxis“ mit Warp 9,7 im Grabe rotieren lassen.
Dabei ist „Star Trek – Der erste Kontakt“ überraschend gute Unterhaltung. Es wird, wie bereits berichtet (taz vom 19. 12.) die Geschichte der Crew der neuen (todschicken!) Enterprise-E erzählt, wie sie den finsteren Borg beim Zeitsprung ins 21. Jahrhundert folgt, da einerseits Schiff und Besatzung vor dem ameisenstaatlich organisierten, halb menschlichen, halb maschinellen Gegnern retten und andererseits den genialen Trinker Cochrane von der historischen Bedeutung seines Warp-Antriebs überzeugen muß. Jonathan Frakes hat das alles solide inszeniert.
Bei genauerem Hinsehen tun sich jedoch Abgründe auf. Enterprise-Kommandant Picard (wie immer hervorragend: Patrick Stewart) durchlebt einen hundertminütigen „Alien“-mäßigen Horrortrip und wandelt sich vom vernunftgelenkten Humanisten und Gelegenheitsflötisten zum rachsüchtigen Ahab, der – auweia! – seinen klingonischen Sicherheitschef einen Feigling nennt. Offizier Data, der Android, der ein Mensch werden will, wird von der Königin der Borg (Alice Krige) einer S/M-Behandlung unterzogen: Sie trägt knappes Lackleder und stellt seine Härchen auf, er erklärt sich einmal mehr für voll funktionsfähig (“multiple Techniken“!). Und die sonst notorisch unterforderte „Schiffsberaterin“ Troi wird auf der Erde vom Rockmusik-Junkie Cochrane unter den Tisch gesoffen.
Doch so richtig schockiert wäre Roddenberry, der in den Sechzigern ja einen uramerikanischen „Melting Pot“ mit einem Cowboy auf dem Chefsessel ins All geschickt hat, wenn er hören würde, was Picard Cochranes Assistentin erzählt. Nö, sagt der, Geld gebe es keines mehr im 23. Jahrhundert, da sei man lange drüber weg, man widme sich edleren Zielen. Wenn das mal nicht nach Sozialismus klingt. Faszinierend. Thomas Klein
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