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■ VorschlagPuppen an die Front! Eine Ausstellung im Puppenmuseum

Ein Sketch aus einem Frontprogramm Foto: Katalog

Der Tod kommt als Skelett mit schwarzem Umhang daher. In der einen Hand hält er die Schnur, in der anderen Hitler als Hampelmann. Die Figuren sind 55 Jahre alt, wurden von einem russischen Künstler geschnitzt und befanden sich einst im Fronteinsatz. Im Zweiten Weltkrieg dienten sie den Soldaten zur Erbauung, denn der Alltag im Schützengraben war grausam genug. Gleichzeitig transportierten die Puppen Propaganda. Da ist zum Beispiel die Handpuppe Hitler aus einem Sketch, der im Rahmen eines Frontprogrammes des Staatlichen Zentralen Puppentheaters Moskau in den Jahren 1941 bis 1945 Soldaten gezeigt wurde. Darin erschienen Hitler im Traum historische Größen, die Rußland im Laufe seiner Geschichte bedroht, es jedoch auf Dauer nicht besiegt hatten: Napoleon oder ein Kreuzritter. Die Hitlerpuppe trägt ein sackähnliches Gewand, das Hakenkreuz prangt an der Stelle, wo die Juden ihren Stern als Erkennungszeichen tragen mußten.

„FrontPuppenTheater“: Im Neuköllner Puppentheatermuseum werden derzeit Figuren, Fotos und Dokumente zum Einsatz von Puppenspielern an den verschiedenen Fronten ausgestellt. Die Exponate stammen aus Moskau, Dresden, München und Berlin, viele von ihnen sind erstmals öffentlich zu sehen. Nicht nur in der Roten Armee spielten Puppen eine Rolle. Auch in der deutschen Wehrmacht, bei den Westalliierten und bei Partisanentruppen war Puppentheater präsent. Die Puppen wurden kriegsdienstverpflichtet: Als Idealtyp wie als Karikatur verwendbar, schärften sie Feindbilder und waren unterhaltend. Die Tradition des Puppenspiels mit seinem Sprachwitz, spontanem Publikumskontakt und Verankerung in der Volkskunst wurde genutzt. Es brachte zum Lachen, wo es nichts zu lachen gab. Aufgrund seiner Beweglichkeit und seines geringen Aufwandes wurde das Puppentheater auch unter deutscher Besatzung konspirativ gepflegt. Selbst in der Hölle der Konzentrationslager verkörperten die Puppen Hoffnung. Andreas Hergeth

Mo.–Fr. 9–17 Uhr, Sa./So. 11–17 Uhr, Puppentheatermuseum Berlin, Karl-Marx-Straße 135. Zur Ausstellung ist im Elefantenpress- Verlag ein Buch erschienen.

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