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■ VorschlagGospel als Musical: Black Nativity von Langston Hughes

In der Vorweihnachtszeit steht eine Invasion schwarzamerikanischer Gospelaktivisten bevor. Viele leben gut von dem Vorurteil, daß alle Schwarzen gut singen und tanzen können, vor allem aber herrscht der Irrglaube, Schwarze seien automatisch gute Gospelsänger. Auch in der Kirche oder im Konzertsaal wird mancher Seufzer und manche Ekstase nur akustisch vorgetäuscht. Als vor vier Wochen der Vorsänger der Golden Gospel Singers vor dem Altar gar Liegestütze machte, grenzte die Las-Vegas-Anmache selbst für Atheisten schon an Gotteslästerung. Stilvoll geht es da bei den Senioren des Golden Gate Quartet zu, die heute in der Hochschule der Künste alte Jubilee-Hymnen und Spirituals zelebrieren.

Trotzdem geht der Vorschlag an die Jessy Dixon Singers: Sie präsentieren Gospel in der Form eines Musicals mit der Wiederaufführung von „Black Nativity“. Als die Broadway-Theater sich noch jeder Integration verweigerten, entstanden notgedrungen rein schwarze Produktionen. Federführend war Langston Hughes, der Anfang der 60er Jahre fast jährlich ein neues Stück an den Broadway brachte. Nachdem Hughes während der Proben zu „Wasn't It A Mighty Day?“ den Titel ins provokante „Black Nativity“ änderte, verließ Choreograph Alvin Ailey die Produktion, weil er den Begriff „schwarz“ als „geschmacklos“ empfand. Noch wurde die Bevölkerungsgruppe afrikanischen Ursprungs als „Farbige“ oder „Neger“ bezeichnet. Bei der Premiere im Dezember 1961 begeisterten die Stimmen von Alex Bradford, Marion Williams und den Stars of Faith, die die Weihnachtsgeschichte mit einem schwarzen Jesus neu definierten. Zweieinhalb Jahre tourte das Stück durch Europa, nach dem Tod von Hughes geriet es in Vergessenheit.

Jetzt rief Jessy Dixon das Musical wieder ins Leben. Dixon, 1942 in San Antonio, Texas, geboren, fing als Pianist bei James Cleveland an, der ihn im Apollo Theater beim Konzert ohne Vorwarnung aufforderte zu singen. Er begleitete die Roberta Martin Singers, machte als Vorsänger des Chicago Community Chors Platten. Mit dem Vorwurf, mehr Entertainer und Showmann als seriöser Gospelsänger zu sein, muß auch der erst 1972 getaufte Dixon sich herumschlagen, und das nicht nur, weil er seine Stimme Paul Simon, Diana Ross und Cher lieh. Seine Emotionen wurden als übertriebene Effekthascherei kritisiert. Er selbst gibt zu: „Mein Gesang war gesalbt, ich nicht.“ Aber: „Ray Charles wurde als profan beschimpft, als er Spirituals und Blues vermischte. Aber er machte Gospel akzeptabel in Konzerthallen rund um die Welt.“ Norbert Hess

19.30 Uhr, Haus der Kulturen der Welt, John-Foster-Dulles-Allee

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