■ Vorschlag: Reise nach Auschwitz: „Enkelkinder“ im Filmtheater Hackesche Höfe
Der Film von Ulrike Hemberger und Rainer Hällfritzsch über eine gemeinsame Fahrt amerikanischer und deutscher SchülerInnen nach Auschwitz trägt zwar den Titel „Enkelkinder“. Doch wenn es um die deutschen Verbrechen in Auschwitz und den anderen Konzentrationslagern geht, sprechen die deutschen SchülerInnen nie von ihren Großeltern oder Urgroßeltern, sondern immer nur von ihren „Vorfahren“. So, als ob sich die Greuel des Dritten Reiches in irgendwelchen grauen Vorzeiten abgespielt hätten, so, als ob sie unmöglich die Enkelkinder der damaligen Akteure sein könnten. Ja, es ist wahr, die deutschen SchülerInnen sehen sich zu Recht in keiner guten Position, auf dieser Fahrt in die Vergangenheit. Sie haben es schwerer als ihre amerikanischen Counterparts. Sie reagieren hilflos auf die Zumutung, die die Reise für sie bedeutet. Freilich reagieren sie sehr viel unbedarfter, als man erwarten könnte.
Das irritiert – und genau das macht „Enkelkinder“ sehenswert. Denn der Film ist nicht unbedingt ein Beispiel für eine gelungene Dokumentation. Zu vieles ist unklar. Nie erfährt man, wie es zu dieser Reise kam, wer sie anregte und welche Erwartungen sich mit ihr verbanden. Und vor allem: Nie sieht man die deutschen und amerikanischen Jugendlichen gemeinsam im Bild, gar im Gespräch. Wie kommt es zu dieser merkwürdigen Dramaturgie?
Die SchülerInnen proben in Auschwitz ein Theaterstück über Jugendliche in Theresienstadt. Später werden es beide Gruppen einmal in deutscher, einmal in amerikanischer Sprache vor den Teilnehmern eines Friedenskongresses aufführen. Die Filmemacher lassen die ProtagonistInnen des Stücks zu Wort kommen und die Autorin Anna Smulowitz. Streng separiert. Die deutschen SchülerInnen mögen die Lockerheit der AmerikanerInnen nicht. Sie erscheint ihnen frivol. Doch leider sind die AmerikanerInnen nicht nur lockerer, sondern auch entschieden reflektierter. Das eine hat mit dem anderen zu tun. „Vorfahren“ klingt gequält, borniert. „Großeltern“ oder „Großelterngeneration“ klänge souverän und angemessen: Das könnten die Enkel dank des Films verstehen lernen. Brigitte Werneburg
Filmtheater Hackesche Höfe. Termine siehe cinema-taz
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