piwik no script img

■ VorschlagFotografien von Bernard Larsson in der Friedrichswerderschen Kirche

Nirgendwo konnte man die Teilung der Welt in zwei Machtblöcke so unmittelbar erleben wie im Berlin nach dem Mauerbau. Das war wohl auch der Grund, weshalb der schwedische Fotograf Bernard Larsson 1961 im Alter von 21 Jahren in den Ost-Berliner Bezirk Prenzlauer Berg zog. Er hat die Stadt erst wieder 1968 verlassen. Als Ausländer konnte er sich problemlos von einem in den anderen Teil der Metropole bewegen und somit die spannungsreichste Nachkriegsdekade von beiden Seiten mit der Kamera einfangen. Larssons Einblicke zeigen, wie eng politische Ereignisse und Alltagsleben verflochten waren. Ein Mauerspringer mit offenen Augen und Verstand.

Grenzbefestigungen, Warnschilder, Straßenbarrieren, vermauerte Häuser und Grenzübergänge mit Soldaten ziehen sich quer durch die Stadt. Typisch ist der „Sonntag an der Mauer“: sehnsuchtsvoll spähende Straßengänger mit Ferngläsern und Taschentüchern. Noch immer fallen Spuren des Krieges ins Auge. Im Schaufenster eines Textilgeschäftes (Ost) liegen die Stoffe vor Fotos aus dem Zweiten Weltkrieg. Auch im Westen bemächtigt sich die Politprominenz des Feiertages. Überhaupt stehen sich in den Aufnahmen Ost und West häufig sehr nahe. Dort spielende Kinder in Neubaugebiet, hier Touristen am Ku'damm, dort Badegäste am Müggelsee, hier am Wannsee, dort sowjetische Soldaten, hier US-amerikanische Offiziere. Erst Mitte der 60er wird der Westen zum Brennpunkt: „Jubelperser“, Tötung von Benno Ohnesorg, Sit-ins, Teach-ins, Spaziergängerdemo, Kommune I – die Ereignisse überschlagen sich. Zum Ausklang Porträts prominenter Personen aus dem Kulturleben: Anna Seghers und Helene Weigel, Wolf Biermann und Stefan Heym, Erwin Piscator und Tilla Durieux.

So unverständlich der Titel „Berlin, Hauptstadt der Republik“ (Hauptstadt nannte sich bekanntlich nur der eine Teil), so lieblos die von der Alten Nationalgalerie verantwortete Hängung an Absperrgittern. Teils doppelseitig genutzt, ziehen sie sich an den Wänden einer Kirche entlang, die zu Neupräsentation und Ausstellung von Plastiken des frühen 19. Jahrhunderts dient. Während ein Faltblatt nur knappste Informationen enthält, bietet der vom Münchener Stadtmuseum produzierte Katalog reichlich Lesestoff. Michael Nungesser

Friedrichswerdersche Kirche, Werderstraße, Di–So 10–18 Uhr. Bis zum 29. November. Katalog 49 DM

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen