Vorschlag von CDU-Mann Daniel Günther: CDU-Linke-Koalition im Osten?
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) schlägt konservativ-linke Koalitionen in Ostdeutschland vor. Seine eigene Partei ist not amused.
Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier ging umgehend auf Distanz. „Das ist nicht hilfreich“, sagte der CDU-Bundesvize der Deutschen Presse-Agentur. „Die CDU und die Linkspartei trennen Welten. Deshalb ist das für die Union und erst recht für die CDU Hessen keine Option.“ Mit Blick auf die Landtagswahl am 28. Oktober sagte Bouffier, der derzeit mit den Grünen regiert, der Süddeutschen Zeitung: „Wir machen nichts mit der Linkspartei und nichts mit der AfD. Alles andere ist potenziell koalitionsfähig.“
Der CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich reagierte entgeistert auf Günthers Vorstoß. „Teile der CDU scheinen völlig die politische Orientierung zu verlieren“, schrieb der Vizepräsident des Bundestages auf Twitter. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bauministerium, Marco Wanderwitz (CDU), twitterte: „Die CDU als Volkspartei der Mitte braucht eine klare Abgrenzung zu beiden Rändern. Auch die Linke scheidet für Zusammenarbeit ohne wenn und aber aus.“ Der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Fuchs drohte: „CDU und Linke, wenn da eine Koalition kommen würde, dann wäre das wohl für mich ein Scheidungsgrund.“
Auch Linksfraktionschef Dietmar Bartsch reagierte skeptisch. „Demokratische Parteien müssen prinzipiell gesprächsbereit sein, aber Union und Linke trennen in zentralen Fragen politische Welten“, sagte Bartsch der dpa. „Die Linke wird in allen Wahlkämpfen die grundsätzlichen Unterschiede zur CDU sichtbar machen.“
„Gipfel der Beliebigkeit“?
FDP-Chef Christian Lindner warnte auf Twitter: „Wenn die Partei von Adenauer und Kohl mit der Partei des „demokratischen Sozialismus“ koaliert, verliert sie ihre Seele. Und wer mit der FDP koaliert und zugleich mit der Linken liebäugelt, erreicht den Gipfel der Beliebigkeit.“ Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, erklärte: „Günter betreibt gezielte Desensibilisierung für Bündnisse mit Radikalen. Ein Bündnis mit der Linkspartei in Brandenburg ist der erste Schritte, der nächste könnte ein Bündnis mit der AfD in Sachsen oder Thüringen sein.“
Für die Bundesebene sprach sich Günther dafür aus, dass die Union nach der nächsten Bundestagswahl ein Bündnis mit FDP und Grünen anstreben sollte. „Wenn Jamaika 2021 auf Bundesebene gelingen kann, dann wäre das für Deutschland das beste Modell“, sagte der Ministerpräsident, der seit 2017 in dieser Konstellation regiert.
Für diese Wahlperiode ist die große Koalition im Bund aus seiner Sicht aber zum Erfolg verdammt. „Sie war es schon durch den schwierigen Start bei der Koalitionsbildung, und sie ist es noch stärker geworden durch den Unionsstreit um die Asylpolitik“, sagte Günther der Deutschen-Presse-Agentur. „Jeder Monat, den wir früher neu wählen sollten, würde uns noch mehr schaden, auch im öffentlichen Ansehen.“
In der Rheinischen Post äußerte der 45-Jährige Verständnis für Brandenburgs CDU-Chef Ingo Senftleben, der im Frühjahr Gespräche mit AfD und Linken nach der Landtagswahl in Brandenburg 2019 angekündigt, aber eine Koalition mit der AfD so gut wie ausgeschlossen hatte. „Wenn da vernünftige Menschen in der Linkspartei am Werk sind, vertut man sich nichts damit, nach vernünftigen Lösungen zu suchen“, sagte er. Es wäre gut, auf Scheuklappen zu verzichten. Bei der AfD hingegen sei er skeptisch. „Mir fallen aus jedem Bundesland Äußerungen von führenden AfD-Politikern ein, wo jedes Gespräch vollkommen unmöglich ist.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag