■ Vorlauf: Nötige Aufklärungen
„Kollaborateure unterm Hakenkreuz“, So., 23 Uhr, N 3
Thomas Mann begriff den Faschismus nicht als solitäre Bewegung italienischer oder deutscher Provenienz, sondern als „Zeitkrankheit“. Eine vierteilige Reihe, von Rolf Hosfeld und Hannes Heer konzipiert, belegt diese Vermutung: Ideen von einer völkischen, antidemokratischen, antijüdischen und damit antikommunistischen Politik gab es in allen europäischen Ländern, Norwegen, Belgien, den Niederlanden, Frankreich, England, Rumänien – und Österreich ohnehin.
Alle jene nazistischen Bewegungen lebten von der Verachtung von Toleranz und Konsens, vom Pathos der Gewalt und von der Angst der Bevölkerungen vor einer Globalisierung avant la lettre. Was sie vom kommunistischen Heilsversprechen unterschied, war ihr Rassismus, war der Hass auf das Jüdische, was für sie synonym war mit einer polyglotten, multikulturellen, übernationalen Existenz – und was sie von den stalinistischen Antipoden unterschied, war auch ihr Wille, mit eben dieser antivölkischen Haltung des Jüdischen mörderisch aufzuräumen.
Die Reihe beginnt mit dem „Vormarsch der Faschisten“, wendet sich Mittwoch den deutschen „Satellitenstaaten“ zu, kommt sonntags darauf auf „Pétains Frankreich“ zu sprechen und endet mit einer Betrachtung über „Hoffnung und Verrat im Osten“. Fazit: Das NS-Regime und seine Wehrmacht hatten im Gros der von ihnen okkupierten Länder keine Gegenwehr zu bekämpfen, sie trafen oft auf Freunde und Gesinnungsgenossen.
Das geborgene Archivmaterial, das hier zu Lande noch nie zu sehen war, ist akribisch zusammengetragen worden: Bilder der Begeisterung über Hitler und der Anbetung der „Quislinge“ (so nannte man in Anlehnung an den norwegischen Nazichef die braunen Kollaborateure). Sie lassen nachfühlen, weshalb die Wehrmacht nicht in jedem überfallenen Land als Aggressor wahrgenommen wurde. Die Reihe ist geschichtsaufklärend, wie es momentan kaum besser geht. Die Diskussion um das Jahrhundert des totalitären Europas wird mit ihr neuen Stoff erhalten. JaF
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