■ Vorlauf: Planet Deutschland
„Deutschland – ein Wiedersehen“ (Sonntag, 22.25 Uhr, ZDF)
45 der 45 Minuten bleibt unklar, was das ZDF dazu bewogen haben mag, den inzwischen 66jährigen Günther Geisler aus dem wohlverdienten Ruhestand in Portugal noch einmal nach Ostdeutschland zu schicken. Die Tatsache jedenfalls, daß er fürs ZDF in den 80ern bereits 16 „Reisebilder aus der DDR“ gedreht hat, kann es nicht gewesen sein. Da genügt schon ein Blick auf deren damalige Titel: „Fürst Pückler: Gärten, die Geschichte machen“ beispielsweise oder „Märkische Ansichten“.
So verbergen sich auch hinter „Deutschland – ein Wiedersehen“ sieben harmlose, lose miteinander verbundene Beiträge, wie wir sie auch früher schon oft und gern verschlafen haben, kurz vor Sendeschluß und Nationalhymne: Der Soldatenfriedhof von Halbe hat einen neuen Gedenkstein, das Panoramagemälde von Werner Tübke auf dem Schlachtberg hat inzwischen „Weltniveau“ und Goethes Gartenhaus in Weimar seit 1990 eine neue Museumskonzeption... Er habe, so Geisler gleich zu Anfang, bei seinem Wiedersehen zunächst das Gefühl gehabt, er sei „auf einen fremden Planeten geraten“. Doch Bilder vom fremden Planeten „Neue Bundesländer“ zeigt er nicht. Lieber zeigt er Bilder, wie man sie sich belangloser nicht vorstellen kann.
Menschen, einfach Menschen, kommen beim „Wiedersehen“ ohnehin nicht vor. Man hat den Eindruck, als hätte Geisler die Leute – weil sie ihm früher, in den „Reisebildern“, sowieso nichts hatten sagen dürfen – gar nicht erst gefragt. Und auch Geislers eigener Kommentar klingt so, als hätte er ihn vorrangig für irgendeine Zensurinstanz geschrieben: „Im Fenster stehen tapfer die Geranien; nach hinten raus trocknet die Wäsche; vor der Tür funkelt das Auto – wie wohl meist eine Nummer zu groß.“ Oder: „Der Wohnpark Vogelsang verheißt mehr, als man ihm bei näherem Hinsehen zutraut.“ Letzterer ein Satz, über den man an langen Winterabenden lange nachgrübeln kann.
Wer solche Sätze mag, sollte am Sonntag abend unbedingt einschalten.Christoph Schultheis
Am 19.1. gibt es sogar noch einen 2. Teil. Ebenfalls ZDF. Ebenfalls 22.15 Uhr. Ebenfalls unsäglich.
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