■ Vorlauf: Jenseits von Tomaten und Olivenöl
Themenabend: „Mittelmeer“, So., ab 20.45 Uhr, arte
„Eßt lebendig! Lebende Fische zum Preis von toten“, ruft die Fischverkäuferin im Hafen von Marseille. Wie lebendig ist das Mittelmeer? Frauen wie sie stehen in allen seinen Häfen, in Pyräus, Tunis, Alexandria, Tanger, Palermo, Istanbul, Beirut und Barcelona. Sie sind die Steine eines „Mosaiks der Völker“ (22.30 Uhr), aus denen der Dokumentarfilmer Jean-Denis Bonan sein Bild von der Mittelmeerwelt zusammensetzt. Ein Bild, so bunt, smaragdgrün und opalblau schillernd wie Antonio Gaudis Parc Güell hoch über den überfüllten Straßen Barcelonas. Genau dort mag Bonan zwischen Echsen- und Krötenkörpern, eigenwilligen Rundhäusern aus Altglas und Keramik und scheinbar wild gewachsenen Arkaden die Inspiration für sein Mosaik gefunden haben. Stein für Stein, Scherbe um Scherbe fügt er auf seiner Rundreise aneinander, besteigt den Parthenon, beobachtet eine tunesische Archäologin, hört sehnsüchtige Lieder in Tavernen, Schriftsteller kluge Dinge sagen und Alltagsbilder sprechen. Von verschleierten muslimischen Frauen vor ihren Terrassenhäusern in Tanger, die ihren stummen Blick von Afrika auf Europa richten, oder von einem sizilianischen Marionettenkünstler, der zufrieden in seiner Puppenwelt lebt.
Bonans Dokumentation, Zentrum des arte-Themenabends über die Mittelmeerregion, rechnet das Bild einer gemeinsamen Kultur. Ein Lebensgefühl, das über Tomaten und Olivenöl hinausgeht. Selbst die unterschiedlichen Gesellschaftssysteme der Anrainerstaaten lassen sich unter dem Klima des Meeres wie in einem Puzzle zusammenfügen. Als hätte er wie Gaudi seine einzelnen Mosaiksteine zurechtgeschlagen und aneinandergepaßt, lösen sich in Bonans Bildern die Gegensätze vom Norden und Süden, vom Westen und Osten, von arm und reich auf. Vielleicht wächst hier ja zusammen, was zusammengehört. Vielleicht wird man dafür aber auch genauso lange brauchen wie für Gaudis Sagrada Familia in Barcelona. An der Kathedrale wird seit über 70 Jahren gebaut, und ein Ende ist mangels Spenden nicht in Sicht. Petra Welzel
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