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■ VorlaufNichtkickende Arroganz

„Leben für den FC Bayern“, So. 19 Uhr, Bayern 3

„Mich zu kopieren ist eh schlecht“, meint Rudi Egerer irgendwann. Ohne den Mann geht gar nichts beim ruhmreichen FC Bayern München. Könnte man jedenfalls meinen, wenn man „Leben für den FC Bayern“ so sieht und Egerer so zuhört. Egerer ist offensichtlich wichtig, eine „Institution“, und sogar Lothar Matthäus ist „froh, daß wir ihn haben“. Rudi Egerer ist allerdings weder Torjäger noch Manager oder Trainer, sondern der ... Busfahrer. Nur allzugern, so sagt der 65jährige, würde er die Verantwortung an einen Jüngeren abgeben. Schließlich würden „die Millionen immer mehr im Bus“. Allein, den potentiellen Nachfolgern fehle das „Engagement“ für die verantwortungsvolle Aufgabe. Die republikweit gefürchtete Bayern-Arroganz färbt offensichtlich auch auf die nichtkickenden Angestellten ab.

Ähnlich unverzichtbar sind Maria Meissner und Sepp Schmid. Beide putzen: die eine Pokale, der andere Fußballschuhe. Und Autor Wolfgang Ettlich hält die Kamera drauf. Dazu läßt er die drei Leutchen reden, holt Stellungnahmen („Herr Helmer, ein paar Sätze zum Sepp“) ein und unterlegt das Ganze hin und wieder mit claydermanschem Geklimper. Daß der Film dennoch so langweilig wirkt, liegt wohl vor allem daran, daß Ettlich seinen eigenen Anspruch nicht einlöst, seine Opfer als „Zeitzeugen der Entwicklung vom Volkssport zu Starkult und Kommerzialisierung“ zu porträtieren. Alles, was man erfährt über die Veränderungen, sind leere Phrasen über das „knallharte Fußballgeschäft“, dem inzwischen „die Menschlichkeit fehlt“. Ettlich schafft es nicht einmal, den drei Rentnern ein paar nette Anekdoten zu entlocken. Statt dessen folgt er der 87jährigen Pokalputzerin durch das Theater, in dem sie 35 Jahre lang als Telefonistin gearbeitet hat, ohne zu klären, was das mit Fußball zu tun hat.

Was bleibt, ist eine 45minütige Werbesendung für Bayern München. Daß die Bayern jährlich 180 Millionen umsetzen und den Gang an die Börse planen, erfährt man nicht. Dafür aber, daß es trotzdem noch ganz gemütlich zugeht: Das sieht man daran, daß Trainer Trapattoni mit dem Busfahrer kuschelt. Thomas Winkler

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