■ Vorgespult: Dichte Briefe
„Love Letters“, 22 Uhr, WDR 3
Hörspiele sind wieder in: Auf langen Autobahnfahrten Thomas Manns „Zauberberg“ hören, mit Freunden die alten „3 Fragezeichen“-Kassetten tauschen oder Sonntag früh statt Zeitunglesen lieber den Krimi im Radio hören. Und wer in diesen nassen Tagen schon keine Liebesbriefe kriegt, kann sich welche anhören: „Love Letters“ von A.R. Gurney unter der Regie von Klaus Mehrländer läuft morgen auf WDR 3.
Otto Sander und Nicole Heesters sind immer wieder gefragt worden, ob sie nicht „Love Letters“ auf der Bühne spielen wollten. Doch die Theaterversion reizte sie nicht. Erst als Hörspiel könne das Stück seine ganze Intensität entfalten, sind sie sich einig. Der US-Autor Gurney läßt die reiche Ostküstenschönheit Melissa und den aus einer verarmten Adelsfamilie stammenden Andrew sich gegenseitig Briefe vorlesen, die sie einander im Laufe ihres Lebens geschrieben haben. Sie kennen sich seit ihrer Kindheit, sind verliebt, streiten sich oder haben für Monate keinen Kontakt. Aber sie hören nie auf, sich zu schreiben. Aus verhaßten Ferienlagern und Internaten, später aus dem Drogenentzug oder hinter dem Rücken der Ehefrau. So offenbaren sich auf knappen Postkarten und emphatischen Briefen zwei Leben, die sich unterschiedlicher nicht hätten entwickeln können und doch verbunden bleiben.
„Love Letters“ ist ein fast minimalistisches Hörspiel, das ohne aufwendige Soundeffekte auskommt. Eine Handlung gibt es nicht. Und doch ziehen die Briefe den Zuhörer immer tiefer hinein. Für Nicole Heesters und Otto Sander birgt genau diese Reduktion den Reiz. „Hörspiel wird ja oft als Nebenkunst abgetan, die man mit links beherrscht“, so Otto Sander, der schon immer ein echter Hörspielfan war, wie er sagt und sich genauso gern Hörspiele anhört, wie sie selbst zu sprechen. „Im Gegensatz zur Bühne hat man hier nur die Sprache, keinen Körper und kein Gesicht, um beim Zuhörer den Film im Kopf entstehen zu lassen.“ Und genau das sei ja eben die Kunst dabei. Katharina Maas
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