: Vor die Handtäschchengesellschaft
Trude träumt von Afrika feiert am Freitag 10-jähriges Jubiläum ■ Von Sandra Deike
Der rote Rucksack von Gunni landet auf dem Boden, sie wickelt sich den gezwirbelten Schal vom Hals und bestellt sich eine Trinkschokolade. Eva erscheint ebenfalls mit einem Rucksack. Ihre Brille mit dem halben Hornrand rückt sie zurecht und hört aufmerksam zu. „Ich war gestern in der Fabrik“, erzählt Gunni, „es sind schon 500 Karten verkauft. Seitdem bin ich aufgeregt.“
Gunhild Wulf und Eva Roßberg sind zwei von sechs Frauen der Percussion- und Comedyband Trude träumt von Afrika. Am kommenden Freitag geben sie in der Fabrik ein Jubiläumskonzert, denn Trude wird zehn.
Ein Sonntagnachmittag in Övelgönne war der Auslöser für die Gruppe, sich mit Handtäschchen und Kleidchen vor die Kaffee- und Kuchengesellschaft zu begeben. „Die Leute haben sich köstlich amüsiert“, sagt Gunni. „Wir hatten nie vor, uns afrikanisch zu geben und zu kleiden. Wir sind und bleiben deutsche Frauen, haben das im Laufe der Zeit immer mehr überzogen und haben viel Spaß dabei.“
Dass die sechs Frauen ihre musikalische Professionalität mit Gehstöcken und Hütchen garnieren, macht noch nicht allein die Show zur Comedy. Gunni erklärt: „Jede Trude hat einen bestimmten Charakter. Wir sind manchmal sehr zi-ckig untereinander. Was die Leute unterschwellig machen, knallen wir uns an den Kopf, und das fasziniert viele.“
Die Trommelstücke und Show-elemente werden sowohl geübt als auch improvisiert. „Wenn es mal Patzer gibt“, meldet sich Eva zu Wort, “werden sie sofort in das Programm mit eingebaut.“ Gunni führt aus: „Wenn eine was falsch macht, wird sie sofort angemeckert.“ Die meisten der Patzer sind pure Absicht. Bevor sie ihren ersten Trude-Erfolg feiern konnten, hatten die sechs Frauen bereits drei bis fünf Jahre Trommelunterricht bei LehrerInnen aus Guinea, Senegal und Deutschland genommen. Neben Djembés und Basstrommeln kommen auch Flöte, Gitarre, Akkordeon, Geige, Klavier und Küchengeräte zum Einsatz. Als die „Truden“ sich 1991 in einer Unterrichtsgruppe kennen lernten, wurde rasch klar, dass es beim Unterricht einmal pro Woche nicht bleibt. So suchten sie einen Übungsraum im Frauenmusikzentrum, wo sie bald „zu einem Auftritt gezwungen wurden“.
In Hamburg sind die „Truden“ bekannt, auch bei der älteren Generation. „Zugzwang“ nennt Eva die vielen Hamburger Auftritte, denn neue Stücke müssen geprobt werden, obwohl die Zeit dazu fehlt. Außer den Auftritten, von denen die sechs zum Teil leben, gibt es noch den beruflichen Alltag: Außenhandel, Rhythmikunterricht, Diplompädagogik und Seminare. Als Gunni und Eva wieder auf Trude zu sprechen kommen, heben sich mit der Stimmung auch die Stimmen. „Wir nehmen immer Bezug auf das Publikum, und wenn man selber so einen Spaß hat, dann kommt das auch rüber.“ Auf die gemeinsamen zehn Jahre zurückblickend, meint Eva: „Wir sind professioneller geworden. Musikalisch haben wir uns verbessert, und unsere Rollen sind verfeinert.“ Das Trommeln sei früher das Wichtigste gewesen, inzwischen sei es eine Show mit Rhythmus, sagt Gunni.
Neulich habe man sich gemeinsam Videos des fünfjährigen Jubiläums angesehen. „Wir haben uns köstlich amüsiert! Ich hab mich gewundert, wie sehr wir über uns selbst lachen konnten.“ Eva blüht auf: „Einiges ist schon etwas anstößig ...“ Sie rückt ihre Brille zurecht. Und dann hakt sie noch einmal ein: Als Gunni die Rollen der „Truden“ zuerst authentisch nennt und später „komplett anders als privat“, merkt sie an: „Wir hatten doch aber gesagt, dass sie schon aus unserem Charakter hervorgegangen sind ... Sie sind einfach überspitzt, sodass uns niemand wiedererkennt.“
Die Freude auf Freitag wächst, und die Schokolade ist ausgetrunken. Nach einer spontanen Live-Kostprobe auf dem Tisch gefragt, sehen sich Gunni und Eva an. Diskussionen gibt es keine mehr. Ein Murmeln ist zu hören, etwas von „Kuckuck“ ist zu verstehen, und dann legen die beiden mit ihren Händen auf dem Tisch los.
Freitag, 21 Uhr, Fabrik, anschließend Party mit Tanz. „Publikums-Truden“ erwünscht. www.trudetraeumtvonafrika.de
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