Vor der Bundestagswahl: im Wahlkreis Berlin-Mitte: In Mitte sind sie sehr direkt
Die Direktkandidaten in Mitte sind sich fast alle einig: Volksentscheide auf Bundesebene müssen her. Nur die CDU stellt sich quer.
Wer in Mitte einen Kandidaten für den Bundestag wählt, unterstützt mit großer Wahrscheinlichkeit auch Volksentscheide auf Bundesebene. Ein Ja zur direkten Demokratie kam am Mittwochabend von Eva Högel (SPD), Klaus Lederer (Linkspartei), Wolfgang Wieland (Grüne) und Kurt Lehner (FDP). Auf Einladung des Vereins Mehr Demokratie diskutierten die Kandidaten im taz-Café. Nicht gekommen war Christian Burholt (CDU), der sich als Einziger der fünf gegen Volksentscheide ausspricht. Er ließ sich entschuldigen, weil ein Farbbeutel auf seinen Wagen geworfen worden sei, sagte Anne Denner von Mehr Demokratie. Wieland bedauerte dies: "Die Nuss, die geknackt werden muss, fehlt."
Die besten Chancen, den Wahlkreis Mitte zu gewinnen, hat Eva Högl. Bis Januar hat sie als Juristin im Sozialministerium gearbeitet, dann ist sie für Jörg-Otto Spiller in den Bundestag nachgerutscht. Spiller hatte 2005 den Kreis mit 41,9 Prozent klar vor der CDU (23,2 Prozent) gewonnen. An diesen Erfolg sollte Högl anknüpfen, ihr fehlt ein guter Landeslistenplatz zur Absicherung.
Sie macht nicht nur klassischen Wahlkampf im Seniorenheim, sondern hat auch mit dem Rapper Sido ein Video gedreht. Außerdem ist sie Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen und für Volksentscheide: "Demokratie lebt vom Mitmachen." Die CDU im Bundestag sperrt sich unter anderem mit dem Argument dagegen, dass nach den Erfahrungen während der Weimarer Republik Volksentscheide im Grundgesetz ausgeschlossen worden seien. "Was für ein Quatsch", kommentierte Högl am Mittwoch.
Wolfgang Wieland sitzt schon für die Grünen im Bundestag und hat mit Listenplatz 2 wohl sein Ticket für den Wiedereinzug. Er will Volksentscheide für alle Bereiche zulassen - "wir müssen nur vorher das Bundesverfassungsgericht fragen, ob wir das so abstimmen lassen können", sagte Wieland. Das letzte Wort in unserer Demokratie habe ja auch nicht das Parlament oder das Volk, sondern haben die Richter.
Klaus Lederer, Chef der Berliner Linkspartei, verwies auf die guten Erfahrungen mit Bürgerentscheiden auf Berliner Landes- und Bezirksebene. Als er das Wort "Volksgesetzgeber" in die Runde warf, applaudierte das Publikum. Zustimmung erntete auch FDP-Konkurrent Lehner, als er vorschlug, drei zentrale Wahltermine pro Jahr festzulegen, damit die Bürger künftig nicht wöchentlich abstimmen müssen.
Bei allem Konsens: Diskussionsbedarf bestand im Detail, bei Fragen zu Minimumbeteiligungsquoten, Fristen und der Finanzierung. Die Debatte wird in der nächsten Legislaturperiode vielleicht auf den Tisch kommen. Nur einer wird auch dann nicht mitreden: CDU-Mann Burholt hat mit Listenplatz 8 nur geringe Chancen, im Bundestag zu landen.
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