Vor den Wahlen in Botswana: Krieg der politischen Elefanten im Land der Diamanten
Erst verklagte Botswanas Präsident Masisi seinen Vorgänger Khama. Jetzt verklagt Khama Masisi. Am Mittwoch wird gewählt.
Seit der Unabhängigkeit 1966 regiert in Botswana die BDP (Botswana Democratic Party), gegründet von Sir Seretse Khama. Mit seiner englischen Frau Ruth Williams an seiner Seite regierte er als Präsident bis 1980. Sohn Ian Khama wurde Armeechef, Vizepräsident und 2008 Präsident. 2018 folgte ihm sein Vizepräsident Masisi.
Khama war ein engagierter Naturschützer und verfügte ein Verbot der Elefantenjagd; Masisi hat dieses Verbot gekippt, obwohl die Jagd streng reglementiert bleibt. Aber das ist nicht der Hauptgrund für den erbitterten Streit zwischen den beiden.
Im Jahr 2019 warf die Regierung Masisi Expräsident Ian Khama und seiner südafrikanischen Freundin Bridgette Motsepe-Radebe vor, das Land um über 10 Milliarden US-Dollar betrogen zu haben – das wäre fast die Hälfte des botswanischen BIP. Das Geld soll in Auslandskonten weltweit gelandet sein.
Milliardenvorwürfe gegen Khama
Bridgette Motsepe-Radebe ist eine reiche Geschäftsfrau – und ihre Schwester Tshepo Motsepe ist die Ehefrau von Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa, also Südafrikas First Lady.
2018, beim BDP-internen Kampf um Ian Khamas Nachfolge als Präsident, hatte der scheidende Präsident nicht seinen Vize Masisi unterstützt, sondern einen erfolglosen Rivalen, und Bridgette Motsepe-Radebe soll sich dafür finanziell engagiert haben. Als Masisi sich durchsetzte, sagte sich Khama von der BDP los. Fünf Tage nach den Wahlen 2019, die die BDP – nunmehr unter Masisis Führung – an der Macht bestätigten, tauchten die Milliardenvorwürfe gegen Khama und Motsepe-Radebe auf.
Die schwerreiche Südafrikanerin blieb nicht untätig. Sie heuerte die Anwaltskanzlei von Cherie Blair, Ehefrau des britischen Expremiers Tony Blair, und die ehemalige südafrikanische Generalstaatsanwältin Thuli Madonsela für eine Gegenermittlung an. Diese stellte 2020 fest, dass die Vorwürfe unhaltbar seien und es keine Belege für Verschwinden von Geldern aus Botswanas Staatskassen oder illegale Einzahlungen auf den genannten ausländischen Banken gebe.
Der Fall landete or dem High Court in Botswanas Hauptstadt Gaborone, und dieser urteilte im August 2021, die Vorwürfe seien „absichtlich fabriziert“ worden. Botswanas Regierung ging in Berufung und verlor.
Seit 58 Jahren kein Putsch und keine Diktatur
Ian Khama zog daraufhin nach Südafrika und erklärte, in Botswana sei sein Leben in Gefahr. Botswanas Justiz stellte einen Haftbefehl gegen ihn wegen illegalen Waffenbesitzes aus und er blieb im Exil.
Aber am 13. September dieses Jahres stieg er in Südafrika in ein Auto, fuhr über die Grenze nach Botswana und stellte sich den Behörden. Der Haftbefehl gegen ihn wurde aufgehoben und das Verfahren bis nach den Wahlen vom 30. Oktober vertagt.
Jetzt befindet sich Khama also mitten im Wahlkampf wieder in Botswana, als Erzfeind des amtierenden Präsidenten. Am 16. Oktober forderte die von ihm beauftragte Anwaltskanzlei Mack Bahuma in Gaborone in einen Brief an Botswanas Generalstaatsanwaltschaft, die für die Vorwürfe von 2019 verantwortlichen Amtsträger vor Gericht zu stellen. In der Schlussphase des Wahlkampfes ist das ein riskanter Spielzug gegen den Präsidenten.
Botswana ist eines der wenigen Länder Afrikas, das seit der Unabhängigkeit vor 58 Jahren nie einen Putsch oder eine Diktatur erlebte. Aber nun überschattet der bittere persönliche Streit zwischen Masisi und Khama diese Errungenschaften.
Diamanten als Wahlkampfthema
Er überschattet auch den Wahlkampf. Die BDP tritt zurückhaltend auf und Präsident Masisi ist kaum zu sehen. Gerüchte, er sei krank, dementiert das Präsidialamt.
Viel sichtbarer auf den Straßen ist die Oppositionskoalition UDC (Umbrella for Democratic Change) unter dem US-ausgebildeten Juristen Duma Boko. Er hält quer durch das Land Großkundgebungen ab.
Bokos Hauptthema ist der Umgang mit Botswanas Diamantenreichtum – Botswana ist der zweitgrößte Diamantenförderer der Welt, nach Russland. Die Diamantenmine betreibt die Firma Debswana, das Joint Venture zwischen dem botswanischen Staat und der südafrikanischen Bergbaufirma De Beers, die historisch die Produktion weltweit vermarktet – lange Zeit in London, seit 2013 in Gaborone.
Der Diamantenbergbau ist aber global in der Krise, da industriell produzierte Fabrikdiamanten billiger sind als natürliche Diamanten und von diesen kaum noch zu unterscheiden sind. Ihr Marktanteil am Diamantenschmuck in den USA ist zwischen 2018 und 2023 von zwei auf 40 Prozent gestiegen.
Bergbaugigant will verkaufen
Der südafrikanisch-britische Bergbaugigant Anglo American, dem De Beers seit 2021 gehört, will daher nun verkaufen. Ein erstes Übernahmeangebot des australischen Bergbauriesen BHP in Höhe von 49 Milliarden US-Dollar wurde abgelehnt, die Zukunft von De Beers und Debswana ist offen.
Botswanas Oppositionsführer Boko wirbt nun mit der Idee, ein globales Konsortium mit Sitz in Gaborone zu errichten, um De Beers zu erwerben. In Bokos Zukunftsvision kontrolliert Botswana seinen Diamantenreichtum komplett selbst und lockt mit Steuersenkungen Investoren und Start-Ups ins Land, was eine Diversifizierung der auf Bergbau und Tourismus konzentrierten Wirtschaft ermöglicht. Eine Politik, die zu den dominierenden Wahlkampfthemen passt: sinkender Lebensstandard, Inflation, steigende Jugendarbeitslosigkeit.
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