Vor den Wahlen Japan: Halbherzige Erneuerung der Opposition
Kurz vor den Wahlen zwingt ein Spendenskandal die Oppositionspartei, die bislang in Umfragen vorn lag, zu einem Führungswechsel.
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TOKIO taz | Mit einer neuen Führung will Japans größte Oppositionspartei DPJ ihre Chancen bei der bevorstehenden Parlamentswahl verbessern. Der schon sicher geglaubte Sieg war zuvor wegen eines Spendenskandals im Umfeld von Parteichef Ichiro Ozawa außer Reichweite geraten. Ozawa war deshalb vor einer Woche zurückgetreten. Zu seinem Nachfolger wurde am Wochenende Yukio Hatoyama gewählt. 124 Abgeordnete der Demokratischen Partei stimmten für ihn.
Der 62-jährige Hatoyama will Katsuya Okada, der ihm bei der Wahl mit 95 Stimmen unterlag, zum neuen Generalsekretär machen. Trotz des Skandals soll auch Ozawa einen prominenten Platz in der neuen Parteispitze erhalten.
Ozawas Sekretär wird derzeit wegen 160.000 Euro, die ein Bauunternehmen aus Ozawas Wahlkreis illegal in die DPJ-Kasse zahlte, der Prozess gemacht. Die Anklage hat das Image der DPJ als einer "sauberen" Partei so schwer beschädigt, dass sie ihren bis dahin großen Vorsprung in Wählerumfragen verlor. Gleichzeitig stiegen die Zustimmungswerte von
Premierminister Taro Aso, als er im Kampf gegen die Rezession ein riesiges Konjunkturpaket auflegte.
Ozawa hatte die Vorwürfe gegen seinen Sekretär zunächst als politisch motiviert bezeichnet. Aber Umfragen zufolge glaubte die Mehrheit der Japaner dieser Darstellung nicht. Nun soll der neue Parteichef Hatoyama der DPJ-Forderung nach einem Regierungswechsel neue Glaubwürdigkeit verleihen. Japan wird seit über 50 Jahren fast ununterbrochen von der Liberaldemokratischen Partei (LDP) regiert.
Allerdings muss Hatoyama einige Wähler noch davon überzeugen, dass er für einen Neuanfang steht. Denn der Vollblutpolitiker, dessen Familie mit ihm in der vierten Generation im Parlament sitzt, war als Generalsekretär während der letzten drei Jahre die rechte Hand Ozawas und hat sich von dessen Verhalten während der Spendenaffäre nicht distanziert.
Angeblich organisierten Ozawa und Hatoyama die Neuwahl des Parteichefs besonders rasch, damit der Stern des in der Bevölkerung beliebteren Okada nicht zu sehr leuchten konnte. Hatoyama hatte die DPJ zwar vor 13 Jahren mit gegründet und war schon einmal ihr Chef. Aber erst Ozawa gelang es, aus diesem lange Zeit losen Bündnis politischer
Gruppen eine sozialdemokratische Alternative zur konservativ-neoliberalen LDP zu formen.
Die DPJ will den Einfluss der mächtigen Beamten beschneiden, einen Wohlfahrtsstaat aufbauen, insbesondere Bauern, Fischer und Kleinunternehmer stützen und außenpolitisch unabhängiger vom Sicherheitspartner USA handeln. Ozawa stammt ursprünglich selbst aus der LDP und gilt als einer der letzten Strippenzieher der japanischen Politik, die ihren Weg an die Macht aus dem Hinterzimmer organisieren.
Hatoyama steht daher vor der schwierigen Aufgabe, aus Ozawas Schatten herauszutreten. Immerhin gönnten ihm die Wähler ein paar Vorschusslorbeeren: Laut einer Blitzumfrage der Nachrichtenagentur Kyodo vom Sonntag halten 43 Prozent der Japaner Hatoyama für einen geeigneten Premierminister, Amtsinhaber Aso dagegen nur 32 Prozent.
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