Vor dem EU-Gipfel: Sorge vor Austeritätspolitik
In Brüssel gehen Gewerkschafter aus verschiedenen Ländern gemeinsam auf die Straße. Sie protestieren gegen die geplanten neuen EU-Schuldenregeln.
„Wiederholt nicht die Fehler der Vergangenheit“, forderten die Demonstranten, die vor allem aus Belgien, Frankreich und Italien kamen. Die Pläne, die auch beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel erörtert werden sollen, liefen auf einen Kahlschlag hinaus, das versprochene „soziale Europa“ bliebe auf der Strecke.
„Die Zukunft der EU steht auf dem Spiel“, sagte EGB-Generalsekretärin Esther Lynch. Es gehe um die Frage, ob es in Europa künftig überhaupt noch genug Geld für Investitionen in neue Jobs und die grüne Transformation geben werde. „Wir brauchen ein radikales Umdenken und keine von der EU beglaubigte Austerität“, so Lynch.
Anlass für die Befürchtungen sind die fieberhaften Beratungen der EU-Finanzminister. Sie wollen sich noch vor Jahresende auf eine Reform des seit 2020 ausgesetzten Stabilitäts- und Wachstumspaktes einigen. Vor allem der deutsche Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) fordert einen harten und verbindlichen Sparkurs, um die Staatsschulden abzubauen.
Hauptfeind Lindner
Beim letzten Treffen in Brüssel sei man sich in den allermeisten Punkten einig geworden, sagte Lindner. Es fehlten aber noch die richtigen numerischen Vorgaben zum Abbau von Schulden, wenn die Obergrenzen überschritten seien. Die EU-Kommission hatte gemeinsame Ziele, aber individuelle „Pfade“ zum Schuldenabbau vorgeschlagen.
Das Europaparlament fordert härtere Sparmaßnahmen. Der Wirtschafts- und Währungsausschuss sprach sich am Montagabend für verbindliche Vorgaben aus. So sollen die EU-Staaten verpflichtet werden, ihre Schulden jedes Jahr um 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung abzubauen, wenn sie die Vorgaben aus dem Stabilitätspakt verfehlen.
Der EGB warnt vor einem solchen Vorgehen. Die bisherigen Pläne liefen auf Kürzungen in Höhe von 45 Milliarden Euro allein im kommenden Jahr hinaus, so der Gewerkschaftsbund. Besonders hart wären nach Berechnungen der EGB-Experten Frankreich, Spanien und Italien betroffen. In all diesen Ländern fehlten aber längst Lehrer und Krankenschwestern.
Problem Schuldenbremse
Kritisch äußerte sich auch der grüne Europaabgeordnete Rasmus Andresen, der die deutsche Gruppe im EU-Parlament leitet. „So werden die Schulden nicht sinken, sondern wachsen“, sagte er zur Empfehlung des Ausschusses, der sich die Grünen nicht angeschlossen haben.
„Wieder wird der Fehler gemacht, Schuldenstände senken zu wollen, anstatt Europas Finanzen wirklich nachhaltig und zukunftsfähig zu machen“, so Andresen. Ähnlich wie bei der deutschen Schuldenbremse bestehe auch bei den EU-Schuldenregeln „ein Zielkonflikt zwischen aggressiver Schuldenreduktion und notwendigen Ausgaben für eine zukunftsfähige Wirtschaft“.
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