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Vor dem Börsengang der BahnMehdorn setzt Ticketpreise rauf

Kurz vor dem Gang an den Kapitalmarkt präsentiert Bahnchef Mehdorn Rekordzahlen. Gleichzeitig kündigt er mal wieder steigende Ticketpreise an.

Super, die Bahn. Alle wollen mit ihr fahren, verkündet Hartmut Mehdorn stolz. Stört nur, dass das Personal der Bahn von irgendwas leben muss Bild: dpa

BERLIN taz Der Deutschen Bahn AG geht es gut. Kurz vor dem geplanten Börsengang eines Unternehmensteils verkündete Bahnchef Hartmut Mehdorn gestern, dass so viele Menschen wie noch nie die Züge nutzen, 941 Millionen waren es im ersten Halbjahr. Auch der Güterverkehr nahm zu, das Betriebsergebnis des Konzerns stieg um 90 Millionen Euro auf 1,4 Milliarden Euro. Und zusammen mit diesen Zahlen kündete Mehdorn an, dass die Zugtickets ab dem nächsten Fahrplanwechsel teurer werden. Wie stark die Preise steigen, stehe noch nicht fest.

"Wir tun das nicht, um unsere Kunden zu ärgern, sondern weil wir das tun müssen", sagte Mehdorn und begründete den geplanten Schritt mit den nach Streiks und Tarifverhandlungen vereinbarten Lohnerhöhungen und den gestiegenen Energiekosten. So seien die Preise für Diesel seit Juli 2007 um 80 Prozent gestiegen, Strom sei um 50 Prozent teurer geworden. Und kein Unternehmen könne zweistellige Lohn- und Gehaltssteigerungen, die die Bahn erst im zweiten Halbjahr voll zu spüren bekommt, "einfach so wegstecken". Mehdorn kündigte an, dass spätestens Anfang September bekanntgegeben werden soll, um wie viel teurer die Tickets werden. Zuletzt waren die Preise im Dezember 2007 um 2,9 Prozent gestiegen.

Der ökologisch ausgerichtete Verkehrsclub Deutschland (VCD) kritisierte das Vorhaben. Oberstes Ziel der DB AG müsse es sein, neu gewonnene Kundinnen und Kunden zu halten. "Die turnusmäßig angekündigte Preiserhöhung im Dezember ist dafür allerdings mit Sicherheit das falsche Signal", urteilt Heidi Tischmann, VCD-Verkehrsreferentin.

Insgesamt zeigte sich Mehdorn auf der Pressekonferenz kontrolliert und zurückhaltend, denn schließlich befindet sich das Unternehmen ja gerade in sensiblen Verhandlungen mit Banken und anderen potenziellen Investoren, die Interesse an einem Einstieg in die neue Tochter, die DB Mobility Logistics AG, haben. Darin bündelt die Bahn ihr Transportgeschäft und will es zu 25 Prozent an die Börse bringen. Schienennetz, Bahnhöfe und sonstige Infrastruktur bleibt hingegen zu 100 Prozent beim Bund. Alles laufe nach Plan beim Börsengang, der für Herbst geplant ist. Viel mehr sagte Mehdorn zu diesem Thema nicht.

An einer anderen Stelle wurde Mehdorn aber deutlich und leidenschaftlich, nämlich beim Streit mit dem Eisenbahnbundesamt (EBA). Dieses fordert nach dem Achsbruch eines ICEs, der zur Entgleisung bei der Ausfahrt aus dem Kölner Hauptbahnhof geführt hatte, kürzere Prüfungsintervalle für spezielle Radsatzwellen an einzelnen ICE-3-Zügen. Dies hält Mehdorn für unangemessen, weshalb er sich auch in einem Brief an Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee über das EBA beschwert hatte. Offiziell wies das Ministerium diese Kritik aber zurück.

Gestern erneuerte Mehdorn sie dennoch: Der ICE 3 sei der beste Zug der Welt und uneingeschränkt sicher. Es sei eine Achse nach drei Milliarden Kilometern gebrochen, niemand sei zu Schaden gekommen und dennoch erkläre "irgendwer aus irgendwelchen Gründen" diesen Zug für unsicher. "Wir werden sehen, wie wir wieder zu einem vernünftigen Umgang miteinander kommen", sagte Mehdorn. Es sei wichtig, dass die Aufsichtsbehörde die Sachkompetenz der Deutschen Bahn suche.

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12 Kommentare

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  • HM
    Hermann Marzipan

    Als ich vor kurzem mit der Bahn (RE) fuhr fiel (Ja sowas!) ein Zug einfach aus. Nach etwas mehr als einer Stunde warten sollte dann der nächste Zug fahren. Jedoch war dieser so brechend voll, dass die Türen nicht richtig schlossen. Dies verärgerte den Lockführer so sehr, dass er mehrmalige und böswillige Durchsagen zum Besten gab.

    Anstatt die Menschen aufgrund des Ausnahmefalls in die Abteile der 1ten Klasse zu bitten, befahl er in Führermanier, es sollen gefälligst die Türen frei gemacht werden.

    Dies half nichts, also wurde er energischer und wies forciert daraufhin es mögen sofort einige Leute aussteigen (Nach über einer Stunde warten sollen also Einige aussteigen und nochmals eine Stunde warten!).

    Dies fruchtete ebensowenig. Daraufhin drohte er, die Türen vom Bundesgrenzschutz räumen zu lassen, wenn nicht sofort alle Türen freigegeben werden!!!

     

    Meines erachtens sch***t die Bahn auf ihre Kunden, da sie ohnehin mehr Kohle mit Güterverkehr macht (Monopolstellung und so, nicht?).

    Die heben die Preise an wann und wie es ihnen passt damit der gute Herr Mehdorn noch ein paar Manschettenknöpfe aus Platin zu seiner Sammlung hinzufügen kann.

     

    Ich empfehle: www.mitfahrgelegenheit.de

  • P
    Pascal

    Sehr nett mal wieder so nebenbei zu behaupten dass die "bösen" Lohnerhöhungen für höhere Ticketpreise mitverantwortlich wären.

  • A
    Anne

    Gut, vielleicht hält es sich hier in Grenzen, dass man froh ist, dass die Bahn überhaupt kommt, aber ich fand es gar nicht lustig, fast jeden Tag rennen zu müssen, um meinen Anschlussbus noch zu bekommen und ihn auch öfter mal zu verpassen. Und das, wo die Bahn doch so viel Werbung mit dem einfachen Umstieg macht. Bin lieber umgezogen, weil ich es nicht einsehe, für Fahrten nach Fahrplan zu zahlen, wenn die sich nicht an den Fahrplan halten können und dann regelmäßig mehr Geld von mir haben wollen. Glücklicherweise habe ich hier noch die Gelegenheit über die Mitfahrzentrale in meine eigentliche Heimatstadt zu fahren und dabei - trotz hoher Benzinkosten - auch noch etwas Geld zu sparen :)

  • H
    Hans

    So wie ich das sehe, boomen die Mitfahrzentralen. Statt der "offiziellen", die tatsächlich arg geschrumpft sind, allerdings die "freien" im Internet.

  • S
    Sebastian

    Die Gas- und Stromversorger wurden doch gezwungen, ihre Tarife offenzulegen. Warum sollte das nicht auch bei der Bahn funktionieren? Auf diese Weise bekommt man vielleicht einen Hebel gegen diesen, naja, Wahn. @LALALA: In Deutschland gibt es dafür abnorm hohe Subventionen für den Straßenverkehr in Form von kostenlosen Autobahnen etc.

  • W
    willy

    Wir brauchen keine Bahn-Privatisierung! Stoppt den Ausverkauf des Volkseigentums. Privare (lat.) bedeutet rauben. Der Gemeinschaft wird das Eigentum geraubt. Weg mit dem Räuber Mehdorn!

  • S
    Sara

    Die Bahn investiert meiner Meinung nach das Geld, was sie verdient in die Falschen Dinge.

    Es ist nicht notwendig, Luxurioese Bahnhoefe zu bauen (wie in Berlin) oder Managern Super-Gehaelter zu zahlen.

    Stattdessen waere es notwenig, die kleinen Bahnhoefe zu erhalten und dafuer zu sorgen dass mehr zuege regelmaessiger fahren. Von Puenktlichkeit wollen wir jetzt mal garnicht sprechen.

    Und wie schon einer meiner vorgaenger erwaeht hat: Zugauslastung sollte das nonplusultra sein.

    Ich fahre regelmaessig mit der Bahn, da ich als Studentin ein guenstiges NRW-Ticket besitze. Anders koennte ich mir Familienbesuche, Staedtereisen oder Konzertbesuche in anderen Staedten aber auch kaum erlauben.

  • L
    LALALA

    "In anderen europäischen Ländern bezahlt man nur einen Bruchteil von dem was hier verlangt wird."

     

    Das mag so sein- in anderen Ländern gibt es aber auch noch höhere Subventionen als in Deutschland.

    Und wer mal ein, zwei Jahre in England Zug fahren durfte/musste, fängt hier nicht mehr an zu jammern. Auf der Insel ist man froh, wenn der Zug überhaupt kommt und nicht wegen der "wrong kind of leaves" im Herbst ganz gestrichen wird.

     

    Die Mitfahrzentralen existieren in vielen Städten gar nicht mehr, aber das ist auch kein neues Phänomen.

    Spätestens seit der Einführung des Wochenendtickets und der Ländertickets sind die keine ernsthafte Alternative mehr.

     

    Die Preiserhöhung gibt es bei der Bahn eigentlich jedes Jahr im Dezember- aber die Lohnerhöhungen machen die nicht erfoderlich.

    Eher der Börsengang.

  • D
    derNoergler

    Ich sehe schon die kommenden Bahnslogans:

     

    Deutsche Bahn - Wir wollen nur Ihr Bestes: Ihr Geld.

     

    und

     

    Die Deutsche Bahn geht an die Börse - an Ihre!

     

     

    Mehdorn hat eben noch nicht begriffen, dass nicht höhere Preise den Gewinn steigern, weil dann immer mehr Menschen UMsteigen, sondern dass das Zauberwort "Zugauslastung" ist: Mit niedrigen Preisen und entsprechend mehr Fahrgästen ist mmN mehr Gewinn zu machen.

    Mehdorn allerdings führt das Verkehrsmitel Bahn mit seiner aktuellen Agenda ad absurdum.

     

    Aber vielleicht will er ja nur den Komfort auch in der zweiten Klasse erhöhen, indem in Zukunft nur noch jeder zweite Platz besetzt ist...?

  • J
    Judith

    Den Weg der Bahn versteht man nur, wenn man sich anschaut, wer an der baldigen Bahnprivatisierung verdient.

  • SK
    Sascha Klocke

    Vielleicht könnte man auch einen sehr kostenintensiven Herrn Mehdorn sparen?

  • J
    Jan

    Irgendetwas läuft da doch falsch. Die Preise für eine Zugfahrt sind bereits heute wesentlich teurer als einen Flug oder die Reise mit dem eigenen Fahrzeug. In anderen europäischen Ländern bezahlt man nur einen Bruchteil von dem was hier verlangt wird. Ich glaube die Bahn sollte sich einmal darüber klar werden, wer die Zielgruppe der Bahn ist, das sind in der Regel nicht die Besserverdienenden. Es kommt auch nicht von ungefähr, dass Mitfahrzentralen immer beliebter werden. Die Bahn könnte wesentlich höhere Wachstumsraten haben wenn sie günstiger wäre. Man könnte sich einige Kosten für teure Werbung, Bahnhofsrenovierungen, oder auch einen sehr kostenintensiver Börseneinstieg sparen.