Vor Neonazi-Aufmarsch: Linker Infoladen durchsucht
Die Dresdner Staatsanwaltschaft lässt in Berlin-Kreuzberg einen Antifa-Laden filzen. Das sei eine "Kriminalisierung der Engagierten", so Grünen-Vorsitzende Claudia Roth.
Polizei und Staatsanwaltschaft haben am Dienstagnachmittag die Räumlichkeiten des Antifa-Infoladens "Red Stuff" in Kreuzberg durchsucht. Anwesende berichten von drei Berliner Polizisten, drei Dresdner LKA-Mitarbeitern und einem Vertreter der Dresdner Staatsanwaltschaft. Beschlagnahmt wurden Infomaterial und Plakate, die zur Blockade des Neonazi-Aufmarsches am 13. Februar in Dresden aufrufen, sowie Computer. Zeitgleich seien Räume des örtlichen Info-Büros in Dresden durchsucht worden. Ingo Kruse vom "Red Stuff" schätzt, dass die Beamten 5.000 Plakate und 20.000 bis 30.000 Flyer mitgenommen haben.
"Der Vorwurf ist das Aufrufen zu Straftraten", erklärte Rechtsanwalt Alain Mundt, dessen Kanzlei die Betroffenen vertritt. Die Dresdner Staatsanwaltschaft und das Amtsgericht seien offenbar der Auffassung, dass der Aufruf zur Blockade einer Demonstration strafrechtlich relevant sei. Mundt selbst sieht das anders: "Das Vorgehen greift massiv ins Versammlungsrecht ein." Er gehe daher von einer politischen Motivation aus. Schließlich habe es in den vergangenen Jahren ähnliche Aufrufe gegeben, ohne dass Duchsuchungen und Beschlagnahmungen folgten.
Tim Laumeyer von der Antifaschistischen Linken Berlin (ALB) geht jedoch nicht davon aus, dass sich potenzielle Teilnehmer der Blockade von der Durchsuchung abschrecken lassen - im Gegenteil: "Ich erwarte jetzt Solidarisierungseffekte."
Kritik an dem Vorgehen kam auch aus der Politik. Es sei "ein unerträglicher Skandal, dass die Polizei derart massiv im Vorfeld des Aufmarsches gegen Antifaschistinnen und Antifaschisten vorgeht", sagte Florian Wilde, Bundesgeschäftsführer von Die Linke.SDS. Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sprach von einer Kriminalisierung der Engagierten, die gegen Neonazis protestieren.
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