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■ StandbildVon unfrohen Lipsi-Schritten

„Die Amiga-Story“, Donnerstag, 23 Uhr, ARD

„Wenn bei Capri die rote Sonne...“ – so begann der erste Amiga-Hit. Lizenzträger der „Caprifischer“ war der Arbeitersänger, Kommunist und Spanienkämpfer Ernst Busch. Sowjetische Kulturoffiziere machten ihn nach dem Krieg zum Plattenchef. Busch habe Schlager „eklig“ gefunden, erzählt der Sänger Fred Frohberg. „Macht anständige Musik, damit ick wat vakoofe“, soll Busch in seiner Firma gemuffelt haben.

Dies und mehr zeigten Leonore und Ernst-Michael Brandt in ihrer Dokumentation über die DDR-Plattenfirma Amiga. Sie befragten Idole ganzer „Zonen“-Familien, erzählten die Amiga- Geschichte abwechselnd mit Archivaufnahmen, Interviews und platitüdenfreien Kommentaren. Was zum Problem hätte geraten können, denn die Firma hatte ein Monopol, ihre Geschichte ist zugleich eine der DDR-Unterhaltungsmusik. Den Brandts gelang es nicht nur, die für das nachträgliche DDR-Verständnis entscheidende Differenz zwischen staatlichem Wunschbild und tatsächlichen Bedürfnissen und Ausdrucksmöglichkeiten verständlich zu machen, sondern auch Bilder dafür zu finden. Da übte leicht unfroh ein Paar zu Zeiten der Beatle-Mania die DDR- Wunderwaffe gegen das westliche „yeah, yeah“ – den Lipsi-Schritt. Mitunter merkte man nur die Schwierigkeit, die historische Materialfülle in 45 Minuten zu organisieren.

In der DDR waren Rundfunk und Fernsehen dem Politbüro unterstellt. Doch Unterhaltungsmusik – ob Schlager, Pop, Rock oder Jazz – funktionierte weder nur als ideologisch benutzbare Massenunterhaltung noch als Oppositionsmedium. „Die Amiga-Story“ war in dieser Hinsicht beneidenswert sensibel. Anke Westphal

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