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Von iranischen Ajatollahs bedrohter MusikerHilfe für Shahin Najafi

Mehrere deutsche Künstler und Kulturschaffende wollen dem bedrohten Musiker Shahin Najafi helfen. Grünen-Politiker Nouripour nimmt die Bundesregierung in die Pflicht.

Bedrohter Musiker: Shahin Najafi (r.) ist einem Großajatollah 100.000 Dollar wert. Bild: ddp

BERLIN taz | „Die Bundesregierung muss sich dazu äußern“, fordert Omid Nouripour. „Es darf nicht sein, dass sie sich davor drückt, weil sie die Atomgespräche mit dem Iran nicht belasten will“, ärgert sich der Grünen-Politiker. „Das ist ein Politikum.“ Nouripour sorgt sich um den in Deutschland lebenden iranischen Musiker Shahin Najafi, auf den im Iran ein Kopfgeld in Höhe von 100.000 Dollar ausgesetzt wurde.

Am Montag wurde bekannt, dass der iranische Großajatollah Nasser Makarem Schirasi erklärt hat, wer sich wie Najafi verhalte, sei ein Abtrünniger. Schon seit Tagen wird auf iranischen Webseiten im Internet gegen den Musiker gehetzt. Najafi war im Jahr 2005 wegen seiner regimekritischen Texte aus dem Iran nach Deutschland geflüchtet. Seit vergangener Woche lebt er unter Polizeischutz an geheimem Ort.

Mehrere deutsche Journalisten, Künstler und Kulturschaffende planen Solidaritätsaktionen, um den 31-jährigen Musiker zu unterstützen. Der Schriftsteller Günter Wallraff ist vorgeprescht und hat in einem Interview deutsche Künstler und Musiker dazu aufgerufen, sich den Aktionen anzuschließen. Experten rätseln noch, wer hinter den Drohungen gegen Najafi steckt.

„Nicht die Regierung oder die Revolutionsgarden, auch nicht die organisierten Teile der paramilitärischen Basidsch-Milizen“, vermutet Walter Posch von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Allerdings müsse es jemand sein, der „privilegierten Zugang zum religiösen Establishment der Großajatollahs hat“. Dass die Fatwas kurz vor den neuen Verhandlungen im Atomstreit die Runde machten, sei auffällig – „offenbar versuchen Kreise, die Angst davor haben, dass es hier zu einer Einigung mit dem Westen kommt, auf diese Weise einen Kulturkampf anzufachen“, sagt Posch.

„Wer sonst kommt auf die Idee, die Großajatollahs jetzt mit solchen Fragen zu behelligen“, fragt Iranexperte Posch, „vor zwei Jahren, als die Spannungen mit dem Westen sehr viel größer waren, haben sich die alten Herren noch sehr zurückgehalten, kein zusätzliches Öl ins Feuer zu gießen.“ Aus dem Auswärtigen Amt heißt es, die Bundesregierung nehme die Drohung gegen Shahin Najafi sehr ernst. Die zuständigen Sicherheitsbehörden seien eingeschaltet.

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7 Kommentare

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  • S
    suri

    schweigen reicht,es reicht uns schon lange diesr ungerchtigkeit.ich will schreien:lasst unsere jungen menchen in ruhe.eure fatwas u.texte sind tot u.veraltert.singt für das leben.tanzt ins leben wenn ihr euch wagt,feiglinge.

  • A
    axel

    Wiedereinmal Aufruf zum Mord, weil jemand es wagt, eine Meinung zu religiösen Figuren zu äußern.

     

    Interessanterweise werden hier in den Kommentaren sogar Paragraphen über Beleidigung usw. zitiert oder es wird sogar aufgefordert die Meinung eines Schia-Experten einzuholen.

     

    Da bleibt man sprachlos: Ein Mensch wird mit dem Tod bedroht, der, wenn er nicht geschützt wird, ihn durch Mord ereilen wird, nur weil er sich zur Relgion kritisch oder unpassen geäußert hat.

     

    Ist denn der Islam eine Religion, deren leiseste Kritik schon todeswürdig ist?

     

    Soll man dafür Verständnis aufbringen und Rat von einem Schia-Experten einholen, wie ein Komentator dies verlangt (das kann doch nicht dessen Ernst sein)?

     

    Noch schlimmer: Man weiß durch die Medien, daß sich die Innenbehörden um den Schutz des Künstlers kümmern.

     

    Aber: Das Außenminister zitiert nicht mal den iranischen Botschafter herbei, um wenigstens symbolische dem Treiben ein Ende zu machen:

     

    Morddrohung an Bürger in der EU oder in Deutschland.

     

    Dafür: Engagieren wir uns im nahen und fernen Osten gegen den religiös geprägten Terrorismus.

     

    Das Leben der eigenen Bürger in Deutschland ist nicht viel wert, wenn es darum geht, es vor Terroristen oder Radikalen zu schützen.

  • M
    Morteza

    § 166 Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen (1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.

  • DR
    Dr. rer. Nat. Harald Wenk

    Man kann es GRÜNEN, SPD und großen Teilen der Medien nicht ersparenn. Die Schwächung der LINKEN macht auch Schicksale wie des iranischen Musikers ungeswisser und risikoreicher. Die Unfähigkeit der deutschen Diplomatie, auch unter Rot-GRÜN, ist in der beinharten kompromisslosen "harten US-Nibelungentreu"-Linie, trotz nur "Nichtteilnahme am Irakkrieg, keine "Verurteilung" desselben, zu suchenn. Auch das völlige Abätzen des Islam in dem stark durch eine "Wagenburgmentalität", in 1 1/2 tausend Jahren gewachsen, der Schiiten geprägten Land, bricht wirklich jedes diplomatische Brücke weit vor dem ersten konstruktiven Gedanken ab.

     

    Die ebenso bedingungslose Verteidigung der aggressiven israelischen Regierungspolitik durch ein extrem zeitverzögertes und (ausnahmsweise für die Äußernden) unzutreffendendes dauerndes: "Mea Culpa"!!!

    ist ein zweites sich selbst ins diplomatische Aus manövrieren.

     

    Die Beantwortung der Annullierung der algerischen Wahlen mit französischer Miltärhilfe für die Verbieter und nachfolgender Bürgerkrieg hat jedes Insistieren auf "Demokratie" seitens der EU und des Westens zur Lächerlichkeit verurteilt. Die deutsche Öffentlichkeit VERDRÄNGT das geflissentlich.

     

    Das Drohen mit Atomerstschlägen, insbesondere vom "roten Tuch" USA, und gleichzeitigem Beharren auf einer Einstellung jeglichen Versuches, der abgeleugnet wird, einer atomaren "Gegenwehr" MIT SANKTIONEN ist ein drittes diplomatischer Pferdefuß.

    Das ist gegen das Gerechtigkeitsgefühl schon jedes Kleinkindes, wenn es es begreift.

     

    Am besten wären sie alle tot, ist wohl die Devise der westlichen und deutschen Iran"diplomatie".

     

    Nein, wir entschuldigen explizit NICHT, das sie leben.

    (Die letzten beiden Sätze mit ironischer "Inversion", für Migranten zur Vermeidung von Missverständnissen).

     

    Übrigens, der "Markt" für islamisch geprägte Musik im Westen ist so eng wie ein Nadeklöhr.

  • M
    Mahmoud

    Ganz ehrlich, hat irgendjemand von Euch sich mal die Mühe gemacht sich auch mal von offizieller iranischer Seite zu informieren? Oder wenigstens von einen sachkundigen Schia-Experten eine Meinung einzuholen? Die meisten halten sich doch für aufgeklärt, da ist das doch nicht zuviel verlangt oder? Man lese, was die iranische Seite sagt:

     

    "Mal wieder behaupten die Hofschreiber des Westens den Islam einmal mehr besser interpretieren zu können als alle Muslime zusammen und wollen wissen, dass jener Sänger mit dem Tode bedroht sei."

     

    Weiter gehts hier: http://german.irib.ir/analysen/kommentare/item/206286-gibt-es-ein-menschenrecht-auf-pornographie-und-beleidigung

  • KB
    Karin Bryant

    Was ist mit muslimischen Künstlern ,unterstützen die ihn auch ? Das wäre doch mal eine Plattform für Kunstschaffende aus dem islamischen Dunstkreis sich für Freiheit usw., zu engagieren.

  • C
    captain