: Von Berlin nach Teheran
Die persische Sendung bei Radio Multikulti versorgte vor allem die Exiliraner. Wichtig war weniger der Atomstreit mit den USA als das Leben im Iran selbst
Auf rund 20.000 wird die Zahl der in Berlin lebenden Exiliraner geschätzt. In der Mehrheit handelt es sich dabei um politische Flüchtlinge. Das ist für Berliner Verhältnisse eigentlich keine besonders große Community. Doch die persischsprachige Sendung von Radio Multikulti richtet sich längst nicht nur an sie. In den 45 Minuten, die Nasrin Bassiri und Farhad Payar jeden Sonntag von 19 bis 19.45 Uhr zur Verfügung standen, informierten sie über weit mehr als nur über Berliner Themen.
„Die meisten IranerInnen hier können gut Deutsch und nutzen ganz selbstverständlich deutschsprachige Medien“, berichtet Redakteurin Bassiri. Die persische Sendung von Radio Multikulti diene deshalb vor allem als Informationsquelle für Ereignisse im Iran selbst.
„Da die meisten hier lebenden Iraner politisch interessiert sind, ist es für sie sehr wichtig, sich darüber auf dem Laufenden zu halten“, sagt Nasrin Bassiri. Und: „Sie müssten zehn deutsche Zeitungen lesen, um so viel zu erfahren, wie sie bei uns in einer Sendung mitkriegen.“
Denn in deutschen Medien werde wenig über den Iran berichtet, „und außerdem aus einer ganz anderen Perspektive als bei uns“, sagt die Redakteurin. Während sich die deutsche Öffentlichkeit mehr für außenpolitisch relevante Themen wie den Atomstreit interessiere, liege das Interesse der iranischen ZuhörerInnen mehr bei innenpolitischen Entwicklungen. Aktuelle Informationen darüber liefern Korrespondenten, aber auch Oppositionelle aus dem Iran. Meist in Form von Texten oder Informationen. Als Grund nennt Bassiri: „Sie mit ihren Originalstimmen in unserer Sendung sprechen zu lassen könnte gefährlich für sie werden.“
Mit dem persischsprachigen Programm, das Bassiri seit 1994 betreut, ist Radio Multikulti zu einem Knotenpunkt im internationalen Netzwerk oppositioneller ExiliranerInnen geworden. Per Internet wird die Sendung weltweit gehört. „Wir bekommen Rückmeldungen aus Japan, aus den USA, aus Kuwait und natürlich ganz Europa“, sagt Bassiri.
Und auch im Iran selbst ist die Sendung wichtig: „Kürzlich rief beispielsweise eine Untergrundband aus dem Iran an und bat darum, sich bei uns ihrem Publikum vorstellen zu dürfen“, berichtet Bassiri.
Berliner ExiliranerInnen bedauern deshalb sehr, dass das Ende der Sendung bevorsteht. „Es gibt keine Alternative zu diesem Programm“, sagt Hamid Nowzari vom Verein Iranischer Flüchtlinge. Die persische Sendung von Radio Multikulti sei „ein Kommunikationspunkt für Oppositionelle auf der ganzen Welt“ gewesen, meint Nowzari. Zwar bietet auch die Deutsche Welle ein persischsprachiges Programm an, das habe jedoch, so Nowzari vorsichtig, „eine total andere Richtung“ und sei „mehr staatlich orientiert“.
Was sie tun wird, wenn Radio Multikulti pünktlich zu Silvester abgeschaltet sein wird, weiß Redakteurin Bassiri noch nicht ganz genau. Vermutlich wird sie ihr Geld als freie Journalistin verdienen. Und nebenbei, sagt sie, „will ich die Internetfortsetzung von Radio Multikulti mit aufbauen“. ALKE WIERTH