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Vom Teufel geritten

■ Fast braver Bürger empört sich von Amts wegen Von Stefanie Winter

Rudolf H. war selbst einmal Beamter. Ihm deucht dennoch, daß der Amtsschimmel nicht selten vom Teufel geritten wird. H.s persönliche bürokratische Hölle nahm ihren Anfang mit einer Kleinigkeit, die andere noch nicht einmal „pea-nuts“ heißen würden, in Zahlen: 125 Mark – exklusive Mahngebühr. Die wenig stolze Summe sollte der Unruheständler im Dezember 1994 als Gerichtskosten berappen. Das habe er wohl vergessen. Und der im Januar folgenden Mahnung, der ersten und einzigen, sei er verlustig gegangen.

Bezahlt hat er nun mittlerweile, im Januar diesen Jahres, unter Protest und bar auf die Hand eines Vollziehungsbeamten. Der habe zuvor, und das bringt Bürger H. in Rage, schon angeblich viermal vor der Tür des Wedeler Reihenheimes auf die Möglichkeit zum Vollzug gelauert und – da vergebens – im September formbrieflich die Möglichkeit einer Wohnungsdurchsuchung angedroht. Angesichts der paar Kröten hält der Wedeler das schlicht für den Ausverkauf eines Grundrechts, das auf Unverletzlichkeit der Wohnung nämlich, und zu Flohmarktpreisen obendrein.

Unverhältnismäßig sei es zudem, einen „Vollstrecker“ mehrfach um die Häuser zu schicken, um sozusagen Pfennigbeträge einzutreiben. Warum habe der nicht gleich nach dem ersten Mal seine drohliche Zahlungsaufforderung schriftlich auf- oder abgegeben, fragt sich der spürnasige Ex-Beamte. Und argwöhnt, daß es sich bei dem behaupteten „wiederholt nicht in ihrer Wohnung angetroffen“ um bloßes Maulheldentum handelt.

Nicht nur sich, sondern auch den Finanzminister zu Schleswig-Hol-stein – und in diesem Falle per Brief – fragt der empörte Bürger nun, was es auf sich hat mit Verhältnismäßig- und Tatsächlichkeit der Hausbesuche. H. erwartet – und bringt das am Ende des Briefes, noch vor den freundlichen Grüßen, zum Ausdruck – eine Stellungnahme.

Er wartet heute noch – anders als die taz. Die nämlich ließ sich von Hans-Friedrich Traulsen, Sprecher des Kieler Ministeriums für Finanzen und Energie, fernmündlich und grundsätzlich aufklären: Die Behörde habe stets das am wenigsten lästige Mittel zu wählen. Außenbeamte seien preisgünstig; die entstehenden Kosten habe der Schuldner zu zahlen. Für einen Pfändungsbeschluß, den H. für sinnvoller hält, müßte die Behörde Auskünfte einholen. Der Arbeitgeber des Schuldners könnte Lunte riechen und die Nase rümpfen – und das wäre möglicherweise nicht nur lästig, sondern auch unangenehm. Wenn ein Vollziehungsbeamter mehr als einmal klingele, dann nur, um das kleine Problem ohne großen Papierkram zu lösen.

Rudolf H. aber fühlt sich belästigt und wiederholt seinen Brief allmonatlich. Da er dem Praktischen durchaus zugewandt ist, tauscht er ein jedes Mal nur den Briefkopf aus, ergänzt um ein neues Datum und den Hinweis auf die soundsovielte Wiederholung. Bis vor kurzem fügte er noch die Zahl der bis zur Schleswig-Holsteinischen Landtagswahl verbleibenden Tage hinzu, mit Ausrufungszeichen dahinter. Er war überzeugt, daß „sie“ die Wahl verlieren.

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