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Archiv-Artikel

american pie Vom Tellerwäscher zum Wikinger

Der 46-jährige Geschäftsmann Reggie Fowler will die Minnesota Vikings kaufen und damit erster afroamerikanischer Teambesitzer im Football werden

Das Ende der letzten Saison in der National Football League (NFL) verlief durchaus ehrenwert für die Minnesota Vikings. Nach einer Reihe von schwachen Spielen zum Schluss der regulären Runde schafften sie es gerade so in die Playoffs, wo sie einen spektakulären Sieg gegen die Green Bay Packers feiern konnten und schließlich im Viertelfinale beim späteren Super-Bowl-Verlierer Philadelphia Eagles scheiterten. Star-Receiver Randy Moss war dennoch unzufrieden, nicht nur, weil er seiner Meinung nach zu wenig gute Pässe von Quarterback Randall Cunningham bekam, sondern auch mit Klubbesitzer Red McCombs. Dem warf er vor, dass die Gehaltssumme des Teams rund 30 Millionen Dollar unter der Obergrenze lag. Hätte man diese in gute Spieler investiert, wäre mehr drin gewesen, ist Moss überzeugt.

Künftig muss sich Randy Moss weder mit McCombs noch Cunninghams Pässen herumschlagen. Die Vikings sind seine Nörgeleien leid und verfrachteten ihn für den Linebacker Napoleon Harris und einen Draft-Pick zu den Oakland Raiders. Ein Trade, mit dem sich Moss inzwischen anfreunden kann, nachdem ihm versichert wurde, dass die langen Pässe von Kerry Collins ihm weit mehr Touchdowns ermöglichen würden als die 13, die er zuletzt für Minnesota erzielte.

Gezählt sind aber auch die Tage von Red McCombs bei den Vikings. Der ist dabei, das Team zu verkaufen, und zwar mit einem satten Profit. 1998 hatte er den Schriftsteller Tom Clancy ausgestochen und den Klub für 246 Millionen Dollar übernommen, jetzt soll der Verkaufspreis stolze 625 Millionen Dollar betragen. Topkandidat für die Übernahme ist eine Gruppe um den 46-jährigen Reggie Fowler, welcher der erste schwarze Besitzer eines NFL-Teams wäre. Kommende Woche entscheiden die übrigen Teambesitzer der Liga bei ihrem Treffen auf Hawaii über den Deal und vor allem darüber, ob Fowler solvent und flüssig genug ist, ein NFL-Team zu übernehmen. Rund 150 Millionen Dollar müsste er nach den Liga-Regeln selbst aufbringen.

Kaum hatte der wenig bekannte und öffentlichkeitsscheue Mann mit der hohen Stirn und dem Magic-Johnson-Lächeln sein Interesse bekundet, durfte er erfahren, dass es nicht so einfach ist, erster schwarzer Klubboss in der NFL zu werden, die als eher rückständig gilt, was Rassengleichheit in Führungspositionen betrifft. Sein bemüht-witziger Reim „I’m six foot one and tons of fun“ wird ausgiebig bespöttelt, vom (weißen) Sportkolumnisten Michael Silver musste er sich gönnerhaft anpflaumen lassen („Wir träumen davon, wie du mit einer Randy-Moss-Afro-Perücke an der Mittellinie aufkreuzt“), und viel Wind wurde um Fehler in seinem anfänglich vorgelegten Lebenslauf gemacht. Dort stand, er habe in der NFL gespielt, tatsächlich war er vor Saisonbeginn aus dem Kader der Cincinnati Bengals gestrichen worden. Außerdem wurde ein Diplom in Finanzwesen an der Universität von Wyoming behauptet, tatsächlich erhielt er es in Social works.

Schwerer könnten Zweifel an seiner Finanzkraft wirken. Im Vergleich mit Mitbewerber Glen Taylor, dem das Basketball-Team Minnesota Timberwolves gehört und der 1,9 Milliarden Dollar schwer ist, nimmt sich Fowlers Vermögen von selbst geschätzten 400 Millionen Dollar nahezu bescheiden aus. Vorgehalten wird ihm auch, dass er in den letzten 15 Jahren 36-mal verklagt wurde, meist wegen nicht bezahlter Rechnungen, und einer seiner Geschäftspartner in einen Wettbetrugsskandal verwickelt war.

Angefangen hat Reggie Fowler – als Tellerwäscher, im Restaurant seines Vaters. Mit tausend Dollar Kapital gründete er eine Plastiktütenfirma namens Spiral und baute diese unter Erschließung weiterer Geschäftszweige zum elftgrößten Unternehmen in schwarzem Besitz aus. Allzu sehr will das Fowler-Konsortium diesen Aspekt aber nicht strapazieren. „Egal, ob wir schwarz, weiß oder gelb sind“, sagt Partner Jim Stapleton, „unser Ziel ist es, die Minnesota Vikings zu einem Weltklasse-Unternehmen auf und neben dem Platz zu machen.“ Randy Moss hätte so was gern gehört. MATTI LIESKE