: Vom Rat zur Tat
Der absolute Klassiker unter den Sexratgebern ist Pat Califias „Sapphistry“. 1980 in den USA erschienen, lag das Buch bereits 1981 in einer deutschen Übersetzung im Berliner Orlanda Frauenverlag vor. Die feministische Presse nahm es mit gemischten Gefühlen auf, vor allem wegen seiner Ausführungen zu SM-Techniken. Ungeschlagen bei Califia bleibt das Kapitel zur Selbstuntersuchung. 1998 ist „Sapphistrie“ unter dem reichlich missratenen Titel „Wie Frauen es tun“ (Orlanda Frauenverlag, 350 Seiten, 32 Mark) neu aufgelegt worden.
Unter den Bettdecken kursieren gern auch „Susie Sexperts Sexwelt für Lesben“ (vergriffen) und „Susie Sexperts Liederliche Lesbenwelten“ (Berlin 1993, Krug und Schadenberg, 216 Seiten, 29,80 Mark) aus der ersten Hälfte der Neunzigerjahre. Amüsant, ironisch und triebfreundlich erzählt die Autorin und Aktivistin Susie Bright von Eskapaden und Wirrnissen ihres sexuellen Lebens. Susie Bright hat mehrere Erotika-Anthologien herausgegeben und war Mitbegründerin und Herausgeberin der lesbischenSM-Pornozeitschrift On our backs.
Mit der Übersetzung von Celeste Wests „A Lesbian Love Advisor“ als „Lesbenknigge“ brachte 1992 der Fischer Taschenbuchverlag das lesbische Begehren in größerem Umfang in die Regale des konventionellen Buchhandels. Der „Lesbenknigge“ kann als heiter bis belanglos in die Annalen der Ratgeberliteratur eingehen, ist vergriffen und wird hoffentlich nie wieder aufgelegt.
Für „Sexkapaden“ aus deutschen Landen ist in aller Regel Laura Merrit zuständig. In ihrem 1994 erschienenen lesbischen Sexwörterbuch („Lauras Animositäten und Sexkapaden“, Tübingen 1994, Konkursbuchverlag, 29,80 Mark) lebt Merrit ihre Vorliebe für Kitsch und Sprachspiel aus. Zu ernsthaft aufklärerischem Zweck ist das Nachschlagewerk mit Stichworten wie „Amusette: Zeitvertreiberin, nette“, nicht zu gebrauchen.
Seit etlichen Jahren gibt der Konkursbuchverlag auch eigenwillige Erotikjahrbücher gemischtsexuellen Inhalts unter dem Titel „Mein heimliches Auge“ heraus. In Anlehnung hieran erschienen bisher zwei Jahrbücher „Mein lesbisches Auge“ (1998 und 2000, jeweils 29,80 Mark), die in Text und Bild einen recht bunten Überblick über zeitgenössische lesbische Lüste und Fantasien geben.
Zunehmend gelangen nun auch diverse Bildbände fürs lesbische Begehren in die Buchläden. Legion und nicht zu zählen sind Romane und Sachbücher, die lesbische Beziehungsmuster thematisieren, wie beispielsweise der nicht gerade aufmunternde Sammelband „Lesben, Liebe, Leidenschaft“ (Berlin 1992, Orlanda Frauenverlag, 336 Seiten, 39,80 Mark).
Einen sagenumwobenen Boom erlebten in den Neunzigerjahren Frauenkrimis, die – Qualität egal, Hauptsache eine Kommissarin ermittelt – zum eigentlichen Genre des lesbischen Liebesromans mutierten. Auch wenn dieser Boom derzeit nachlässt: Lesbische Sexualität findet vermutlich immer noch am häufigsten in der Psycho- und in der Krimi-Ecke der Buchläden statt.
Wenn all das nicht reicht, muss auf englischsprachige Literatur zurückgegriffen werden. In den USA sind Titel wie „Lesbian Sex“ oder „Lesbian Passion“ (beide von JoAnn Loulan, 1984 bzw. 1987) oder „The Lesbian Sex Book“ (Wendy Caster, 1993) wesentlich selbstverständlicher zu haben.
ANDREA ROEDIG
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