piwik no script img

Vom Aussterben bedrohte TiereArtensterben beschleunigt sich

515 Arten von Säugetieren, Vögeln und Reptilien stehen kurz vor dem Aussterben, warnen Forschende. Die Entwicklung beschleunige sich selbst.

Buntböcke in Südafrika. Forscher sprechen vom sechsten Massenaussterben auf der Erde Foto: imagbroker/imago

Berlin taz/dpa | Mehr als 500 Arten von Landwirbeltieren stehen nach einer Analyse eines internationalen Forscherteams derzeit kurz vor dem Aussterben. Dies sei wahrscheinlich größtenteils auf menschliches Handeln zurückzuführen, berichten Forscher um Gerardo Ceballos von der Nationalen Autonomen Universität Mexikos (Unam) in den „Proceedings“ der Nationalen Akademie der Wissenschaften der USA (PNAS).

Ceballos und seine zwei US-amerikanischen Co-Autoren erfassten 515 Arten, von denen jeweils nur noch weniger als 1.000 Individuen existieren. Dies seien rund 1,7 Prozent der 29.400 untersuchten Landwirbeltier-Arten. Unter den akut gefährdeten Spezies sind demnach etwa das Sumatra-Nashorn (Dicerorhinus sumatrensis), der Stummelfußfrosch (Atelopus varius), der Clariónzaunkönig (Troglodytes tanneri) und der Buntbock (Damaliscus pygargus). 335 der stark bedrohten Arten sind Vogelspezies.

Die 515 Arten leben laut der Studie hauptsächlich in tropischen und subtropischen Gebieten, die stark von menschlichen Aktivitäten betroffen sind – mit 30 Prozent die meisten in Südamerika und nur ein Prozent in Europa. Dort sehen die Forscher etwa den Iberischen Luchs in Gefahr. In den besonders betroffenen Gegenden lebe auch die große Mehrheit der 388 Arten von Landwirbeltieren, von denen es zwar mindestens 1.000, aber weniger als 5.000 Individuen gebe.

Stummelfussfrosch aus Panama: Auch er ist bedroht Foto: imago

Nach Ansicht der Forscher erlebt die Erde derzeit ein sechstes Massenaussterben. Dieses befeuere sich regelrecht selbst. So lebten gerade bei den betroffenen Arten viele Individuen in kleinen, voneinander getrennten Populationen. Sie kämen gar nicht mehr miteinander in Kontakt, um sich zu vermehren. Zu den menschlichen Aktivitäten, die eine Rolle bei diesem Massenaussterben spielten, gehörten unter anderem die Übernutzung von Ressourcen, die Umweltverschmutzung und der illegale Wildtierhandel.

Bis 2050 ein Fünftel weniger Arten

Seit 1900 seien geschätzt mehr als 540 Landwirbelspezies ausgestorben, so die Forscher. Allein in den kommenden zwei Jahrzehnten könne eine ebenso hohe Zahl folgen. Schätzungen, wonach ein Fünftel aller Arten bis 2050 vom Aussterben bedroht sein könnten, würden allmählich realistischer, heißt es in der Veröffentlichung. Dies sei auch für die menschliche Zivilisation eine existenzielle Bedrohung, da sich Ökosysteme, von denen die Menschheit abhänge, stark veränderten.

Die Berechnungen der Wissenschaftler beruhten auf den „Roten Listen“ gefährdeter Tierarten der Weltnaturschutzunion IUCN und auf Daten von Birdlife International.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Hallo zusammen,

    "So lebten gerade bei den betroffenen Arten viele Individuen in kleinen, voneinander getrennten Populationen. Sie kämen gar nicht mehr miteinander in Kontakt, um sich zu vermehren."

    Ein sehr interessanter Aspekt, den ich zuletzt bei den Bergorillas in Uganda beobachten konnte. Zwar hat sich die Zahl in den letzten Jahren auf über 1000 Tiere in der freien Wildbahn entwickelt, animalsaroundtheglobe.com/de/berggorilla-trekking/ - studien sprechen darüber.

    Trotzdem vermute ich die Zahl könnte noch wesentlich größer sein, wenn die vielen Familien in den Parks nicht so stark getrennt leben würden.

    Liebe Grüße,



    Laura

  • Zitat: „Schätzungen, wonach ein Fünftel aller Arten bis 2050 vom Aussterben bedroht sein könnten, würden allmählich realistischer, heißt es in der Veröffentlichung. Dies sei auch für die menschliche Zivilisation eine existenzielle Bedrohung, da sich Ökosysteme, von denen die Menschheit abhänge, stark veränderten.“

    Wie war das noch gleich? Ich soll vertrauen? Wie käme ich dazu?

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Der Mensch überschätzt sich, wenn er glaubt, er könne Tier- und Pflanzenarten ausrotten.

    • @05838 (Profil gelöscht):

      Äh, nein. Kommt aber auf die Arten an. Bei welchen, die nur noch (oder in manchen Fällen schon immer) in kleinen, überschaubaren Biotopen existieren, ist das denkbar simpel.