Volleyball-Entwicklungshilfe in Kamerun: Hechtbagger auf Asphalt
Ein deutscher Trainer soll Kameruns Volleyballer an die Weltelite heranführen. Unter freiem Himmel trainiert er die Mannschaft. Das Ziel ist Olympia 2012 in London.
Die Feiertage in München hat Peter Nonnenbroich in heimischen Gefilden verbracht. Endlich hat er einmal wieder Eis und Schnee gesehen. Für den Volleyballtrainer ist das geradezu exotisch geworden. Ein bisschen kalt sei es für sein Empfinden dann aber doch gewesen, "und jetzt freue ich mich wieder auf die Wärme". In Kamerun, wohin der 53-jährige Nonnenbroich gezogen ist, leben die Menschen mit der Hitze, die sie das ganze Jahr über umgibt.
Zurzeit ist es mit etwas mehr als 30 Grad in der Hauptstadt Jaunde einigermaßen erträglich. Für Nonnenbroich ist die Temperatur ein entscheidender Faktor, schließlich wird die Trainingsplanung auch von den klimatischen Bedingungen diktiert. Zum Beispiel davon, ob gerade Regenzeit ist oder nicht. Oder ob es so heiß wird, dass es besser ist, frühmorgens und kurz vor dem Sonnenuntergang ans Netz zu gehen.
Kameruns Volleyballer trainieren und spielen meist unter freiem Himmel. Auch sonst sind die äußeren Bedingungen alles andere als einfach. So etwas wie die hierzulande üblichen stoßdämpfenden Taraflexböden gibt es in Kamerun nicht. Trainiert wird auf Zement und Asphalt. Nonnenbroichs Athleten vollführen trotzdem den klassischen Hechtbagger, "sie sind es ja nicht anders gewohnt". Der Trainer sagt: "Europäische Profis würden sich mit Sicherheit weigern, auf diesem Boden zu spielen."
Es war vor allem Abenteuerlust, die Nonnenbroich dazu bewogen haben, Volleyballer aus Zentralafrika an den internationalen Standard heranzuführen. Als Trainer wurde er Landesmeister in Deutschland (1998 mit den Frauen des Schweriner SC), der Schweiz, Frankreich und Tunesien. Zudem fungiert er seit 15 Jahren als Instructor für den Weltverband FIVB. Er ist als eine Art Volleyball-Entwicklungshelfer weltweit unterwegs, um kleinen Ländern zu helfen, Trainer auszubilden und Strukturen für ihren Sport aufzubauen.
Nach Kamerun kam er auf Vermittlung der FIVB. Die war 2006 gebeten worden, einen Trainer zu vermitteln und zu finanzieren, der Kameruns Frauen bei der WM in Japan betreuen könne. Nonnenbroich sagte spontan zu: "Ich war gerade frei, und es hat mich gejuckt". Eine Mission, die er als "abenteuerlich" bezeichnet, "schließlich saß ich in Japan für ein Land auf der Bank, in das ich noch nie einen Fuß gesetzt hatte". Der Mann aus München muss einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben, später engagierte ihn Kameruns Sportminister, um die männlichen Volleyballer des Landes in Form zu bringen.
Das ist bislang eindrucksvoll gelungen. Im Herbst zog Kamerun bei der WM in Italien durch den Sieg gegen Australien in die Zwischenrunde ein und vollbrachte damit eine historische Tat. Zum ersten Mal hatte ein Land aus Zentralafrika bei einer Weltmeisterschaft ein Spiel gewonnen. Was sich danach abspielte, bezeichnet Nonnenbroich als "beeindruckendstes Erlebnis meiner Trainerlaufbahn". Oliver Nongny Zamguim Mefani, der in der Bundesliga für Düren spielt, ging in die Knie und verlor die Fassung. Ein 2,03-Meter-Riese mit Oberschenkeln wie Baumstämme und Händen wie Bratpfannen weinte wie ein Kind, seine Mitspieler wurden ebenfalls von ihren Gefühlen übermannt. Später, bei der Pressekonferenz, flossen auch bei Nonnenbroich die Tränen.
Nonnenbroich weiß, "es gibt mit Sicherheit bessere Mannschaften als unsere. Aber keine hat mehr Ausstrahlung." In Italien hinterließen die sprunggewaltigen Athleten nicht nur mit ihren Angriffen, sondern auch mit hingebungsvollen Tänzen Spuren. "Wir haben mittlerweile Fanklubs", weiß Nonnenbroich, "die sich auf Facebook organisieren und uns folgen."
Nun geht es darum, das nächste große Ziel in Angriff zu nehmen. Nonnenbroich will das Team zu den Olympischen Spielen 2012 führen. "Wenn der Sportminister bleibt und man mich lässt", will der Deutsche in zwei Jahren mit Kamerun in London aufschlagen. Und damit nicht nur die Popularität der Volleyballer in ihrem Land mehren, sondern sich auch seinen größten Traum erfüllen. 1972 sah er als 15-Jähriger in seiner Heimatstadt das olympische Finale zwischen Japan und der UdSSR und nahm sich vor: "Da willst du auch mal hin." Wenn es 40 Jahre später gelingen sollte, den Schwur von München einzulösen, wäre das für Peter Nonnenbroich eine große Sache: "Auch wenn es ganz schön lange gedauert hätte.
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