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Volksinitiative droht zu scheiternKohleausstieg schifft ab

Die Frist für die Sammlung von Unterschriften für die Volksinitiative „Tschüss Kohle“ wird verlängert. Für eine Abstimmung parallel zur Hamburg-Wahl wird es eng.

Müssen sich um ihre Zukunft noch nicht sorgen: Kohlelieferanten des Kraftwerks Moorburg Foto: dpa

HAMBURG taz | Die Volksinitiative „Tschüss Kohle“ droht zu scheitern. Bisher ist der Rücklauf der Unterschriften für einen baldigen Kohleausstieg in Hamburg arg mager. Genaue Zahlen will Kampagnenleiterin Wiebke Hansen nicht nennen, sie gibt aber zu: „Wir haben noch nicht genug Unterschriften, wir müssen die Sammlung verlängern.“ Mindestens 10.000 Unterschriften hatte die am 21. Februar gestartete Initiative bis Ostern sammeln wollen, um einen Volksentscheid zusammen mit der Bürgerschaftswahl im Februar 2020 ansetzen zu können.

Wegen der formalen Fristen im Gesetz über die Volksgesetzgebung (siehe Kasten) ist dieses Ziel nun in Gefahr. Wenn Tschüss Kohle nicht rasch genügend Unterschriften zusammen bekommt, wäre dieser Termin kaum zu erreichen. Volksabstimmungen an Wahltagen aber sind bei Initiativen wegen der höheren Abstimmungsbeteiligung besonders beliebt.

Hansen, die 2013 schon für die Initiative „Unser Hamburg – Unser Netz“ die erfolgreiche Kampagne für die Rekommunalisierung der Strom-, Gas- und Fernwärmenetze geleitet hat, macht die Mischung aus kühler Witterung, Grippewelle und März-­Ferien für den schwachen Rücklauf verantwortlich. „Wir müssen diese Kampagne auf der Straße gewinnen“, sagt sie. Dort aber hätten schneidende Kälte, erkrankte SammlerInnen und zu wenig Laufkundschaft Probleme bereitet.

Verwunderlich indes ist die geringe Resonanz vor allem angesichts der Unterstützer, die hinter der Kampagne stehen. Die Umweltverbände BUND und Robin Wood, die Ökostromer Greenpeace Energy, Lichtblick und Naturstrom, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sowie die Linke und die Grünen sind die größten der mehr als 40 Gruppierungen, die Tschüss Kohle unterstützen.

Auf der grünen Mitgliederversammlung vor einer Woche wurde einstimmig beschlossen, die Volksinitiative zu unterstützen, die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank und Umweltsenator Jens Kerstan unterschrieben publikumswirksam zusammen mit Dutzenden grünen Mitgliedern.

Volksgesetzgebung

Die Volksgesetzgebung, die in Hamburg 1996 eingeführt wurde, sieht ein dreistufiges Verfahren vor:

Volksinitiative: Dafür müssen binnen sechs Monaten 10.000 Unterschriften von wahlberechtigten HamburgerInnen gesammelt werden. Die Bürgerschaft kann das Anliegen danach binnen vier Monaten entweder annehmen oder ablehnen.

Volksbegehren: Lehnt die Bürgerschaft ab, kann ein Volksbegehren gestartet werden. Das müssen binnen drei Wochen von mindestens fünf Prozent der wahlberechtigten HamburgerInnen unterschreiben. Die Bürgerschaft kann das Anliegen dann wiederum innerhalb von vier Monaten annehmen oder ablehnen.

Volksentscheid: Nach einer erneuten Ablehnung kann ein Volksentscheid durchgeführt werden: Die einfache Mehrheit entscheidet. Das Ergebnis ist für Senat und Parlament verbindlich.

Diese will gesetzlich den Ausstieg aus der Erzeugung von Fernwärme durch Kohle bis 2025 erreichen; bis 2030 soll auch jede andere Form von Energiegewinnung aus diesem fossilen Stoff untersagt werden. „Die Zeit drängt“, sagt Hansen. „Wir in Hamburg müssen den Kohleausstieg selber machen.“

Hintergrund ist das derzeitige Tauziehen zwischen der Stadt und dem Energiekonzern Vattenfall um Hamburgs Fernwärmenetz. Der Energiekonzern möchte am liebsten auch Wärme aus seinem Kohlekraftwerk Moorburg einspeisen, Kerstans Umweltbehörde will hingegen den Ausstieg aus der Kohle forcieren und die Wärmeversorgung aus vorwiegend regenerativen Quellen sichern.

„Diesen Ansatz wollen wir unterstützen“, sagt Hansen, „und auch über die nächste Wahl hinaus absichern.“ Die Befürchtung der Initiative ist, dass ein künftiger Senat jetzige Festlegungen und Reglementierungen wieder aufheben könnte. Ein Volksentscheid hingegen ist verbindlich, gegen etwaige Änderungsbestrebungen hätte das Volk ein Vetorecht mit nur geringen Hürden.

„Wir müssen jetzt richtig Fahrt aufnehmen“, weiß deshalb Hansen. „Wir wollen ein starkes Signal setzen für den Klimaschutz in Hamburg und den Kohleausstieg 2020 zum Wahlkampfthema machen.“

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