Volksentscheid über Verwaltung gefordert: Verein will sieben Hamburgs
„Mehr Demokratie“ will Hamburg in sieben selbstständige Kommunen mit eigenen Parlamenten und Verwaltungen auflösen.
![](https://taz.de/picture/107399/14/web_N4_wohnungsbau_HH_dpa_4sp4C.jpg)
Der Verein „Mehr Demokratie“ möchte aus einem Riesen sieben Zwerge machen und kündigte einen Volksentscheid über die Aufsplitterung des Stadtstaates in eigenständige Kommunen an. Der Volksentscheid könnte im Herbst 2017 „parallel zur nächsten Bundestagswahl“ stattfinden, sagte Vorstandsmitglied Manfred Brandt im Hamburger Abendblatt in einem Streitgespräch mit dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Andreas Dressel.
In einer Zeit, in der „die Kooperation in der Metropolregion ausgebaut“ werde, werden mit „einer Rückkehr zur Kleinstaaterei nur neue Probleme geschaffen und kein einziges gelöst“, sagte Dressel.
Auch die anderen Fraktionen im Rathaus stehen der Idee ablehnend bis skeptisch gegenüber. „Hamburg ist kein Flächenland“, sagt der grüne Fraktionschef Jens Kerstan. Die komplette Zerschlagung der Verwaltungsstruktur sei wenig sinnvoll.
Grüne und auch Linke favorisieren ein anderes Modell. Sie wollen die Amtszeit von Bezirksamtsleitern an die Wahlperiode der Bezirksversammlungen anpassen. Damit werden die BewerberInnen – ähnlich wie bei den Bürgerschaftswahlen – zu SpitzenkandidatInnen und somit werde die Kommunalwahl aufgewertet. Die FDP spricht sich für die Direktwahl der Bezirksamtsleiter durch das Volk aus.
Hamburg ist als Bundesland und Stadt zugleich eine Einheitsgemeinde.
Die Stadt ist gegliedert in die sieben Bezirke Mitte, Altona, Eimsbüttel, Nord, Wandsbek, Bergedorf und Harburg.
Am 25. Mai fanden die Bezirkswahlen erstmals zusammen mit der Europawahl statt. Bisher gingen sie stets zusammen mit Bürgerschaftswahlen über die Bühne. Die Wahlbeteiligung sank auf den Minusrekord von 41,0 Prozent.
Die Bezirksversammlungen sind keine Parlamente, sondern Verwaltungsausschüsse. Ihre Größe richtet sich nach der Einwohnerzahl. Wandsbek hat 57 Sitze, Bergedorf 45 Sitze, alle anderen 51 Sitze.
Mehr Demokratie begründet den Vorstoß mit der schwachen Beteiligung von nur 41 Prozent an den Bezirksversammlungswahlen am 25. Mai. Diese waren, wie von Mehr Demokratie durchgesetzt, erstmals zusammen mit der Europawahl durchgeführt worden.
Die geringe Wahlbeteiligung erklärte Brandt damit, dass die Bezirke zu wenig Macht hätten. Erhielten sie mehr Kompetenzen oder werden die Bezirke zu eigenständigen Städten, stiege laut Brandt auch die Wahlbeteiligung.
Nach der Sommerpause will Mehr Demokratie einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen. Antworten auf zwei Fragen müsste der Verein bis dahin aber noch geben: Wie soll die Idee finanziell funktionieren? Und wie soll die zusätzliche Bürokratie mit einer Landesregierung und sieben Großstadtverwaltungen gerechtfertigt werden?
Eine Volksinitiative, die erste von drei Stufen der direkten Demokratie, soll nach dem Willen von Mehr Demokratie dann Anfang 2015 parallel zum Bürgerschaftswahlkampf durchgeführt werden.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss