piwik no script img

Volksdroge Nummer einsCDU will Berlin nachts trockenlegen

Nächtliches Verkaufsverbot von Alkohol an Tankstellen und Kiosken aus Jugendschutzgründen wird geprüft.

Zwei Flaschen vor einer Tankstelle. Bild: dpa

Mit aller Deutlichkeit haben sich Jugenstadträtinnen der Grünen gegen ein nächtliches Verkaufsverbot von Alkohol ausgesprochen. Die CDU-geführte Senatsverwaltung für Gesundheit hegt entsprechende Pläne. Jugendlichen solle so der Zugang zu Alkohol erschwert werden. Laut Jugendschutzgesetz darf an Personen ab 16 Jahre Bier, Sekt, Wein und Mischgetränke verkauft werden.

„Alkohol ist die Volksdroge Nummer eins. Das ist ein echtes Problem“, sagte die Jugendstadträtin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann (Grüne), am Sonntag der taz. Sie sei aber entschieden gegen wie auch immer geartete Verbotspläne. „Das macht Drogen erst recht interessant.“ Die einzig Antwort auf haltlosen Alkoholkonsum seien gezielte Aufklärungskampagnen. Auch Erwachsene müssten ihre Vorbildfunktion im Umgang mit Alkohol ernster nehmen. Elfi Jantzen, grüne Jugendstadträtin in Wilmersdorf-Charlottenburg, teilt Hermanns Auffassung. „Verbot und Prohibition haben nirgendwo verhindern können, dass Leute an ihre Sachen kommen“, so Jantzen.

Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) prüfe derzeit ein Alkoholverkaufsverbot an unter 18-Jährige, teilte eine Sprecherin seiner Verwaltung mit. Wie ein solches Verbot geregelt sein könnte, ließ sie offen. Eine Bundesratsinitiative sei nicht angestrebt. Das Abgabeverbot ist im Jugendschutzgesetz geregelt und damit Bundessache. Darum untersuche die Verwaltung andere Möglichkeiten, um den Alkoholkonsum zu reduzieren, so die Sprecherin.

Seit zwei Jahren gilt etwa in Baden-Württemberg ein nächtliches Verkaufsverbot von Alkohol an Tankstellen, Kiosken und Supermärkten – auch für Erwachsene. Gaststätten sind nicht betroffen. „Wir verfolgen solche Ansätze mit Interesse“, sagte die Sprecherin.

SPD fordert Kontrollen

Im rot-schwarzen Koalitionsvertrag heißt es, „die Koalition wird ein Verkaufsverbot von Alkohol an Personen unter 18 Jahre prüfen“. Der Passus war auf Drängen der Konservativen in die Vereinbarung aufgenommen worden: SPD-Politiker bezweifeln die Wirksamkeit eines Verbots. Czajas Vorstoß sieht man bei den Sozialdemokraten offenbar gelassen. „Prüfen ist immer gut“, kommentierte deren gesundheitspolitischer Sprecher, Thomas Isenberg, am Sonntag entsprechende Ankündigungen aus der Gesundheitsverwaltung. „Wir sind gespannt auf den Bericht und freuen uns auf eine lebendige Diskussion im Gesundheitsausschuss.“ Wenn es Veränderungsbedarf gebe, dann darin, dass das bestehende Alkoholabgabeverbot an unter 16-Jährige mit Kontrollen der Verkaufsstellen und Gewerbetreibenden wesentlich effektiver durchgesetzt werden müsse.

Der Vorsitzende der Berliner Landesstelle für Suchtfragen, Thomas Reuter, sieht das ähnlich. „Es wäre schon gut, wenn bestehende Jugendschutzbestimmungen eingehalten würden.“ Schon dafür seien mehr Kontrollen nötig. Der Gesundheitsexperte der Linken im Abgeordnetenhaus, Wolfgang Albers, nannte die Pläne der CDU eine Scheinlösung, die den Kern des Problems nicht treffe.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

13 Kommentare

 / 
  • P
    Prost

    Wie auch immer geartete Pläne gegen Raserei in der Stadt müssten dann logischerweise zu mehr Raserei führen. Das macht es erst interessant. Ebenso Verbotspläne gegen Naziorganisationen oder die Gurtpflicht. Die Grünen haben Recht: Weg mit den Verboten. Deshalb wollten sie wohl jahrelang Kinderschändung legalisieren. Damit es aufhört, logisch. Dann wird alles gut. Oder gilt es nur wenn es ideologisch passt? Jugendliche mit denen ich zu tun habe holen sich ihre Sachen zum Besaufen im Supermarkt. Das letzte Bier zuviel am Kiosk. Zumindest unsere orientalischen Kioskbesitzer habe ich noch nie jemanden nach dem Ausweis fragen gehört. Die Grünen verbieten irgendwann absolut alles am besten mit Todesstrafe(aber bio bitte), denn nur Verbieten macht sie glücklich. Drogen allerdings nicht. Dann mal Prost.

  • FB
    Franz Beer

    Sucht ,Drogen, Alkohol, Man kommt mit Verboten bei Jugendlichen nicht weiter,Bei Erwachsenen erst recht nicht. Wer was kaufen möchte,bekommts auch. Nur bei manchen Politikern bezweifelt man das sie im ,,Jetzt und Hier,, leben. Vieleicht liegts am Bierchen zum Feierabend.Alle Prohibition wirkt nicht,zeigt die Geschichte. Nur Aufklärung,und den Menschen eine Perspektive zeigen hilft.

  • P
    Plumpsack

    end-the-occupation hat den Nick-Name geklaut, um den "Echten" als Islamisten zu outen. Wetten?

  • P
    Paul

    @end.the.occupation:

    Man kann also offensichtichtlich auch ohne Alkohol verblöden. Interessant, aber nicht wirklich überraschend.

    Spaß am Denunzieren haben natürlich auch so manche Deutsche. Es scheint eine internationale Deformation zu sein.

     

    Zur Freiheit des Westens gehört auch das Recht, nichts zu verstehen bzw. nichts verstehen zu wollen. So mancher macht davon regen Gebrauch. Warum auch nicht? Scheint im Iran aus völlig anderen Gründen ebenso zu sein.

  • B
    basstee

    @end.the.occupation

     

    Was sollen wir bitteschön von islamischen Ländern lernen? Das Menschen die ein Alkoholproblem haben die Todesstrafe droht!? Alkoholismus ist eine anerkannte Krankheit, zumindest bei uns.

    Sind Sie stolz darauf, dass Sie durch Ihr "vorbildliches" Melden von Alkoholkonsum andere Menschen Repressalien bis hin zur Todestrafe ausgesetzt haben!?

     

    Meine Güte, vielleicht sollten Sie auch mal ein anderes Buch lesen als den Koran. Ich empfehle Ihnen Gothold Ephraim Lessing! Wie wäre es denn, wenn die islamischen Länder von den westlichen Nationen lernen würden? Aufklärung, Meinungsfreiheit und Humanismus sind eine tolle Sache. Probieren sie es mal aus. Sie werden sehen, es ist ein gutes Gefühl selbst zu denken.

     

    Die Problematik des Umgangs mit Alkohol, kann weder durch Verbote, noch durch Strafen gelöst werden und schon gar nicht von irgendwelchen Religionen.

     

    Auch hier scheint mir Bildung eine hervorragender Lösungsweg zu sein. Bildung über das Jugenschutzgesetz, Bildung über die Folgen von übermäßigen Alkoholkonsum, Kompetenzen schaffen, Hilfestellungen geben.

  • R
    Ratte

    Es ist widerlich, wie sich Laden- und Kioskbesitzer mit der Sucht völlig selbstverständlich bereichern dürfen und anschliessend verheuchelt in die Kirche gehen; natürlich nicht um zu beichten.

    Komplettverbot von Alkohol und Nikotin und eine Woche Totalvergiftung mit dem Dreck, den die verkaufen.

  • TE
    Thomas Ebert

    Ich möchte hier für ein Verbot des Drogenverkaufs nach 22 Uhr eintreten! Und für ein Verbot der Amtsausübung geistig zurückgebliebener Politiker!

  • E
    end.the.occupation

    @Paul

     

    Niemand braucht Alkohol. Ich bin im Iran aufgewachsen, dort gab es dank des Islams wenigstens noch harte Urteile gegen Alkoholiker, bis hin zur Todesstrafe. Genau wie auch in anderen islamischen Staaten. Dort klappt die Durchsetzung relativ gut, natürlich, es gibt immer wieder Brüder und Schwestern die trinken, aber wenn man solche Leute sieht kann man einfach die Behörden verständigen was ich damals auch öfters gemacht habe. Der Westen sollte endlich von islamischen Staaten lernen und Alkoholverbote mit harten Strafen durchsetzen.

  • P
    Paul

    Wie wäre es denn, wenn in einem überraschenden Anfall von Solidarität, das Alkoholverkaufsverbot auch für Erwachsene gelten würde? Freiwilliger Verzicht sozusagen. Pause von der Droge. Ob es sich als Gewinn an Lebensqualität herausstellen würde?

     

    Wer braucht Alkohol? Und vor allem wozu wird es wirklich gebraucht?

  • B
    Branko

    Deutschland hat erst dann ein ernsthaftes Drogenproblem, wenn es gelingt, dass das BtMG nicht nur auch innerhalb Unions-Kreisen gilt, sondern auch dort mittels regelmäßiger Polizeikontrollen eingehalten wird.

     

    Bis dahin heisst es weiterhin:

    Alkohol predigen, Koks schnupfen!

  • A
    anonym

    überflüssig, wenn man das jugendschutzgesetz dahingehend durchsetzen würde, dass die genannte altersgrenze nachts dann auch nicht mehr unterwegs wäre... vgl. §§ 4,5 Jugendschutzgesetz...

    weil dann wären sie auch ja auch gar nicht mehr in der lage "einzukaufen", was das geforderte gesetz überflüssig macht.

  • I
    I.Barth

    ich muss mich immer wieder wundern wie dumm unsere Jugendlichen mittlerweile einschätzt werden.Hier in Baden Würtemberg finde ich es eine unglaubliche Bevormundung eines mündigen Bürgers. Eine neue Art der Prohibition sich im Notfall, wenn er Gäste bekommt, nicht mal an einer Tankstelle eine Flasche Wein besorgen zu können und wenn die jungen Leute heute eine Party machen sich einfach vor 22 Uhr mit Alkohol eindecken ,gegebenenfalls eben Freunde aus der Gruppe die über 18 Jahre sind ,vorschieben.So werden wir mit Sicherheit kein Umdenken erzielen .Das kann man nur mit Aufklärung in und außerhalb der Familie.

  • PP
    Pia Pan

    Das Sommertheater... Gääähhhnnn!!!

    Wenn die Politkomiker die Problematik "Droge Alkohol" ernst nehmen wollen - Bitteschön: Dann sollen sie ihre eigenen Feiern in Zukunft TROCKEN zelebrieren. Und nicht - im wahrsten Sinne des Wortes - Wasser predigen und Wein trinken!