Volksbegehren in Bayern: CSU droht Rache der Nichtraucher
In Bayern startet ein Volksbegehren für ein strengeres Rauchverbot. Das gab es schon, bis die CSU aus Angst vor dem Raucherzorn zurückruderte.
MÜNCHEN taz | 2007 beschloss die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag eines der strengsten Nichtraucherschutzgesetze in Deutschland. Dann verlor die CSU die Landtagswahl. Das Gesetz wurde gelockert. Doch jetzt rebellieren die Qualmgegner. Am Donnerstag startet in Bayern ein Volksbegehren für einen besseren Nichtraucherschutz.
Die Forderungen der Initiatoren gleichen fast aufs Wort dem alten Gesetz der CSU: Sie wollen ein ausnahmsloses Rauchverbot in Kneipen, Discos und Bierzelten. Um eine Abstimmung darüber durchzusetzen, müssen in den kommenden zwei Wochen mindestens 10 Prozent aller bayerischen Wähler - 950.000 Menschen - unterschreiben.
Die CSU war vom strengen Rauchverbot abgerückt, als sie 2008 bei den Kommunalwahlen herbe Verluste einfuhr. Es gab Ausnahmeregelungen für Bierzelte, Kneipen durften sich großzügig zu Raucherclubs erklären. Bei der Landtagswahl zwang die FDP mit Forderungen nach einem lascheren Nichtraucherschutz die CSU in eine Koalition. Dort sah man im Raucherzorn eine Hauptursache für die Wahlschlappe und gab der FDP nach. Seitdem darf in kleinen Kneipen und Bierzelten wieder geraucht werden. Als Monate nach der Wahl eine Umfrage ergab, dass die Wähler die CSU nicht wegen des Rauchverbots, sondern der desolaten Bildungspolitik wegen verlassen hatten, befand Parteichef Horst Seehofer: "Das hat mit Analyse nichts zu tun."
Nun droht die Rache der Nichtraucher. "Es wird sehr knapp", sagt Sebastian Frankenberger, Initiator des Volksbegehrens. Er ist in Passau Stadtrat für die Öko-Kleinpartei ÖDP. Die hat es zwar bislang nie in den Landtag geschafft, aber sie hat mit Volksbegehren erfolgreich Atomkraftwerke verhindert und die überflüssige zweite Kammer des Bayerischen Parlaments abgeschafft, den Senat. Nun sagt Frankenberger: "Noch nie hatten wir bei einem Volksbegehren so einen Zuspruch aus der Bevölkerung wie jetzt." Schon 150.000 Plakate seien verschickt worden, Tausende Bestellungen für Info-Material eingegangen. SPD und Grüne unterstützen die Initiative. Ebenso Teile der CSU: Der Schwabacher CSU-Bürgermeister Matthias Thürauf und die Junge Union Dachau haben sich für ein strengeres Rauchverbot ausgesprochen. Die CSU-Landtagsfraktion habe sich, so sagt ihr Sprecher, noch nicht über ihre Haltung zum Volksbegehren beraten. Volksbegehren-Initiator Frankenberger meint: "Ich verstehe den Zickzackkurs der CSU nicht."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“