Volkes Stimme zu Tempelhof (1): im Rathaus Schöneberg: "Wir sollten dieses Sahnebonbon erhalten"

Acht Tage vor dem Volksentscheid zum Flughafen Tempelhof: An der Wahlurne treffen sich schon jetzt Befürworter und Gegner.

Im Rathaus Schöneberg ist es am späten Nachmittag ruhig. Drei Wahlkabinen stehen hier für alle bereit, die schon jetzt ihre Stimme für oder gegen Tempelhof abgeben wollen. "Sonst ist hier viel mehr los", sagt Gordon Holland, der stellvertretende Wahlamtsleiter des Bezirks. 30.000 der insgesamt 250.000 Wahlberechtigten des Bezirks hätten Briefwahl beantragt und das Prozedere direkt hier vor Ort vorgenommen.

Frau Grübler aus Steglitz hat es nicht so eilig. Die 70-Jährige will bis zum offiziellen Wahltag am 27. April warten, bis sie abstimmt - natürlich für den Erhalt des Flughafens, sagt sie. "Tempelhof hat Geschichte", meint sie und fragt: "Was wäre wohl aus Berlin ohne ihn geworden?" Bis vor ein paar Jahren hat sie selbst in der Nähe des Flughafens gewohnt. Sie kennt den Flugbetrieb. Sie möchte nicht auf ihn verzichten müssen.

Jens Kathose aus Schöneberg sieht das anders. Gerade kommt der 39-Jährige mit seiner Frau und den zwei kleinen Kindern von der Wahlurne. Er hat gegen die Offenhaltung gestimmt. "Nach dem Ausbau von Schönefeld sehe ich keine Notwendigkeit mehr für Tempelhof", sagt Kathose, "ein innerstädtischer Flughafen ist überflüssig." Eine Grünfläche findet er an dessen Stelle attraktiv. Mit den Nachnutzungskonzepten sei man aber etwas spät dran, kritisiert er.

Durch den Regen stürmt nun Melanie Krämer die Stufen zum Rathaus hinauf. Die 25-Jährige weiß nur eins: Damit am 27. April genug Leute für das Volksbegehren zusammenkommen, will sie auf jeden Fall ihre Stimme abgeben. Wo sie ihr Kreuz setzen wird, hat sie aber noch nicht entschieden. "Eigentlich finde ich beide Seiten ziemlich albern. Vermutlich werde ich aus Protest gegen den ganzen Hickhack für die Offenhaltung stimmen, denn wir brauchen nicht noch eine Brache. Aber vielleicht überlege ich es mir bis dahin auch noch anders."

Bei Werner Pfisterer, 58 Jahre alt, ist diese Entscheidung schon vor Tagen gefallen, als er per Briefwahl für Tempelhof votiert hat. "Wir sollten uns dieses Sahnebonbon erhalten", begründet er seine Wahl. "Ein innerstädtischer Flughafen ist doch ein enormer Vorteil gegenüber anderen Großstädten. Die VIPs kommen schnell in die City, was ein Anreiz für sie ist, mal eben nach Berlin zu reisen. Das ist gut für das Renommée der Stadt." Er zahlt gerne für einen VIP-Flughafen.

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