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Vogelschutz am Flughafen BEREndlich ein Herz für Vögel

Seit Jahren fordern Naturschützer, das BER-Hauptterminal vogelsicher zu machen. Jetzt macht die Flughafengesellschaft einen ersten größeren Schritt.

Manche kommen gerade noch einmal davon: verletzt am BER aufgefundener Turmfalke Foto: BUND Berlin

Berlin taz | Fast anderthalb Jahrzehnte nach der baulichen Fertigstellung des Terminal 1 am Flughafen BER wird die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) in der kommenden Woche damit beginnen, große Teile der riesigen Glasfassaden mit gepunkteter Vogelschutzfolie zu präparieren. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), der seit Jahren darauf hinweist, dass unzählige Tiere durch Aufprall an den Scheiben sterben, verbreitete die Information am Freitag, die FBB bestätigte dies auf Nachfrage.

Wie die taz berichtete, fordern NaturschützerInnen schon seit Langem, dass die Glasflächen am BER-Terminal und seinen Nebengebäuden mit einer Folie beklebt werden, die die Gefahr für Vögel minimiert. Für diese sind die Scheiben oft unsichtbar, was tausendfach zum oft tödlichen Aufprall im vollen Flug führt. Genaue Zahlen gibt es nicht, aber laut BUND-Expertin Claudia Wegworth verenden regelmäßig Tiere am Terminal. Sie selbst dokumentiert seit mehreren Jahren Funde von Vogelkadavern und Aufprallspuren an den Scheiben.

Mithilfe anderer BeobachterInnen hat Wegworth ein breites Spektrum an verunglückten Arten registriert – von Turmfalken und Blaumeisen bis zu Singdrosseln und Waldschnepfen. Auf ihre regelmäßige Forderung, Abhilfe zu schaffen, hatte die FBB bisher lediglich mit dem probeweisen Anbringen von rund 850 Quadratmetern Vogelschutzfolie reagiert. Solche Folien, die etwa durch Längsstriche oder Punkte das Glas für die Tiere als Hindernis erkennbar machen, gibt es schon seit Längerem. Viele Bauherren und Eigentümer scheuen allerdings vor ihrem Einsatz aus Kostengründen zurück, oder weil sie um die transparente Ästhetik fürchten.

Ab Montag und voraussichtlich bis Jahresende wird die FBB nun fast 4.000 Quadratmeter Folie am Terminal 1 anbringen. Das ist freilich immer noch nur ein relativ kleiner Teil der insgesamt rund 20.000 Quadratmeter Glasfassade des Gebäudes, zu denen weitere Flächen an den Piers kommen.

Wegworth sieht in der Maßnahme der FBB dann auch „ersten wichtigen Schritt“ und sagt: „Es freut uns, dass die Flughafengesellschaft jetzt ernsthaft in die fachgerechte Lösung des Problems einsteigt.“ Allerdings müsse auch der Rest des Terminals von Vogelschutz-Expert*innen untersucht werden. Auf der Grundlage von deren Einschätzungen sollten dann weitere Risikofaktoren wie die nächtlichen Lichtemissionen und ungesicherte Lichtschächte behoben werden.

Unklare Lage am Rollfeld

Der taz sagte Wegworth, dass die Menge der Folie nach ihrer Einschätzung für den vorderen Bereich des Terminals reiche – also den östlichen Teil, über den das Terminal von der „Landseite“ aus betreten werden kann. Wie es um die westlichen, zum Rollfeld ausgerichteten Fassaden und die angrenzenden Piers stehe, könne sie schlecht beurteilen. Diese Bereiche hätten sie und andere NaturschützerInnen nie in Augenschein nehmen dürfen: „Es gab Ankündigungen der FBB, uns zu einem Besuch einzuladen, das ist aber nie erfolgt.“

Vor einem Jahr hatte sich auch Berlins Landestierschutzbeauftragte Kathrin Herrmann in der Sache zu Wort gemeldet – wobei für den BER die Naturschutzbehörden des Landkreises Dahme-Spreewald zuständig sind. Herrmann sagte damals, der andauernde „Verstoß gegen den Tier- und Artenschutz“ dürfe „nicht länger hingenommen werden“. Es sei „längst klar, dass der Betreiber gegen Naturschutzrecht verstößt“. Auch sie forderte die „umfassende“ Anbringung von Vogelschutzfolien an den Glasfassaden.

Die Flughafengesellschaft hat in der Vergangenheit des Öfteren darauf verwiesen, dass alle Gebäude den erteilten Baugenehmigungen entsprächen. Zudem handele es sich nicht um ein BER-spezifisches Phänomen, es komme vielmehr weltweit an verschiedensten Gebäuden vor. Darüber, wie viele Vögel insgesamt durch Glasfassaden sterben, gibt es nur Schätzungen. Laut der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten sollen es allein in Deutschland jedes Jahr bis zu 100 Millionen Exemplare sein.

Nach Informationen des BUND will auch die Deutsche Bahn im kommenden Jahr Vogelschutzfolien am Berliner Hauptbahnhof anbringen. Laut Claudia Wegworth reagiere die DB damit auf ein Monitoring im Jahr 2020: „Das läuft in diesem Fall sehr gut, da gab es auch keinen Widerstand von der Bahn.“

Der Hauptbahnhof wurde ebenso wie der BER vom Büro gmp Architekten entworfen. Dieses habe jedoch längst erkannt, dass Vogelschutz bereits bei der Planung berücksichtigt werden müsse. Die Glasflächen der von gmp entworfenen und vor fünf Jahren eröffneten Hamburger U- und S-Bahnhöfe Elbbrücken habe man darum von vornherein mit einem feinen Linienmuster versehen.

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