Völkermord in Srebrenica: UN-Tribunal urteilt hart
In letzter Instanz verurteilt ein UN-Tribunal Kriegsverbrecher zu langen Haftstrafen. An 8.000 Morden im Juli 1995 sollen sie mitschuldig sein.
DEN HAAG dpa | Fast 20 Jahre nach dem Völkermord im ostbosnischen Srebrenica sind zwei ehemalige ranghohe serbische Offiziere für das Massaker endgültig zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das UN-Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien bestätigte am Freitag in Den Haag im Berufungsverfahren die Urteile der ersten Instanz. Drei weitere ehemalige Offiziere wurden zu langjährigen Haftstrafen von 13, 18 und 35 Jahren verurteilt.
Mit diesem Urteil ging der bisher umfangreichste Prozess zum Völkermord in Srebrenica nach fast neun Jahren zu Ende. Zum ersten Mal sprach das Gericht zwei ehemalige Kommandeure direkt für den Massenmord von rund 8.000 muslimischen Männern und Jungen im Juli 1995 schuldig.
Bosnisch-serbische Einheiten unter dem damaligen General Ratko Mladic hatten die UN-Schutzzone im Bürgerkrieg in Bosnien-Herzegowina am 11. Juli überrannt. Die Gefangenen wurden unter den Augen der dort stationierten niederländischen UN-Soldaten abgeführt und anschließend in den umliegenden Wäldern ermordet. Der Völkermord von Srebrenica ist das schlimmste Kriegsverbrechen auf europäischem Boden nach dem Zweiten Weltkrieg.
Vujadin Popovic (57) und Ljubisa Beara (75), die dem Generalstab von Mladic angehörten, hätten den Massenmord mitgeplant und -organisiert, urteilten die Richter. Alle Angeklagten wurden wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gesprochen, wie Mord in zahlreichen Einzelfällen, gezielte Verfolgung von Bürgern und Vertreibung. Noch unklar ist, in welchem Land die Männer ihre Strafe verbüßen müssen. Zu Prozessbeginn hatten sie auf unschuldig plädiert.
Hunderte Zeugen
Das Gericht unter Vorsitz des Jamaikaners Patrick L. Robinson gab den Einsprüchen der Verteidigung und der Anklage gegen das Urteil der ersten Instanz nur in wenigen Punkten statt. In einem Fall wurde die Strafe um ein Jahr auf 18 Jahre Gefängnis reduziert.
Der Prozess war 2006 zunächst gegen sieben Angeklagte eröffnet worden. Einer der Männer starb, ein weiter verzichtete auf eine Berufung. In 425 Verhandlungstagen wurden fast 3.000 Beweisstücke geprüft und 329 Zeugen angehört.
Insgesamt hat das UN-Tribunal gegen 20 Personen Anklage wegen der Verbrechen von Srebrenica erhoben, darunter gegen Ex-Serbenführer Radovan Karadzic und den damaligen General Mladic. Deren Prozesse sind noch nicht abgeschlossen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“