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Village VoiceLetzte Ausfahrt Wittenbergplatz

■ Berlin von unten, oben und der Mitte: U-Bahn-Barde Peter Subway und Lisa

Neulich im Kino chez „Georgia“: Jennifer Jason Leigh gibt das Drama der mehr mäßig als mittel begabten Sängerin Sadie, die im Schatten ihrer erfolgreichen Schwester Georgia ein unglamouröses Rock-‘n'-Roll-Leben führt. In einer schäbigen Kneipe am Ende von Seattle bringt sie mit ihrer semiprofessionellen Combo eine schlonzige Interpretation von „I'll be your mirror“, die jedem, der für Reed, Cale, Tucker, Morrison & Päffgen irgendwann ein Herz hatte, den Magen umdreht.

Ausgerechnet diesen großartigen Song zerrieb auch Peter Subway im Duett mit Kaspar Kamäleon, als er mit Unterstützung von Clive Product und Whirled Change im Pfefferberg die Veröffentlichung von Headland feierte – seine Lieblingslieder, aufgenommen zwischen 1990 und 1996. Berlins prominentester U-Bahn- Barde, dem allein seiner Beständigkeit halber ein Platz neben Jacky und seinen Strangers in der lokalen Hall of Fame gebührt, legt damit nach langen, harten Jahren zwischen Kotti und Wittenbergplatz nun ein Album vor, das leider zwei entscheidende Nachteile hat: Es ist ziemlich überflüssig, und es wird beim Weiterverkauf nicht mal eine Tasse Kaffee einspielen.

Eine rührende Version von „Born to Die“ taucht da auf, Protestsongs gegen „Cold Reality“ und „Warfascination“ poltern rockig durch die Gegend und dokumentieren noch einmal den Sound der Achtziger – wenn überhaupt. Mal richtig dark, dann wieder bloß melancholisch verhallen Belanglosigkeiten. Und um das alles zu begreifen, wird man, was man doch haßt – nämlich Cineast –, zum Kenner dieser fürchterlichen Streifen. Oder kauft sich in der nächsten Voodoo Lounge einen schnuckeligen Golf, um den akustischen Begleiterscheinungen des öffentlichen Personennahverkehrs zu entgehen.

Kaum ist dessen serienmäßig eingebautes Radio eingeschaltet, röhrt auch schon Lisa, daß sie alles genießt, was sie tut – wenn sie will. Was kommt, ist ihr egal, doch halt: „Was ich auch mach', endet fatal?“ Ist da wirklich nur Chaos im Visier? Denn karrieremäßig läuft es richtig gut für sie. Kinderchor im Schwabenländle, Schul- Bigband, musisches Internat. Der spontanen Erleuchtung beim Bauzaunkampf in Wackersdorf folgten wilde Zeiten als Hausbesetzerin und Plattenverkäuferin in Köln und die simultane Arbeit mit immerhin drei Bands – bis sie von Ina Deter als Background- Sängerin entdeckt wurde.

Nach inzwischen fünf Jahren an der Spree lief der zornigen jungen Dame mit Georg Kaleve der richtige Produzent über den Weg, um gemeinsam mit überaus fähigen Studiomusikern das Debt-Album „LISA“ aufzunehmen. Darauf findet sich – neben dem obligatorischen Dank an Gott, den Punk und die Anarchie – alles, was das Herz begehrt.

Psychedelische Klanggewitter, die von ultragroovigen Baßläufen und extraharten Gitarrenbrettern gejagt werden, untermalen Lyrics, die nicht immer perfekt, aber zweifellos sehr direkt sind. Dazu patente Hooklines und eine Stimme, die binnen Sekundenbruchteilen von zart auf hart umschaltet und souverän die nachdenkliche Songwriterin in ein toughes Riot Girl verwandelt.

Das macht selbst seltsame Kleinigkeiten wie das Doors- Sample aus „Riders on the Storm“ und „Rein gar nichts“, die elektrisch pumpende Dance- Nummer mit der Extraportion Schlockrock, vergessen. Auch wenn es nicht unausweichlich, hier und sofort „mehr und mehr und mehr davon“ sein muß, das nächste Album kommt bestimmt und sollte aller Voraussicht nach eine große Sache werden – wenn sie will. Gunnar Lützow

Peter Subway: „Headland“ (mss- music)

Lisa: „LISA“ (MCA/BMG)

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