Vietnams neuer starker Mann: Außen- und innenpolitisch fatal

Tô Lâm ist jetzt nicht nur Präsident, sondern auch Parteichef in Vietnam. Für Opposition und Zivilgesellschaft sind das keine guten Nachrichten.

Der neue starke Mann Vietnams, To Lam, mit Wladimir Putin

Versteht sich auch gut mit Putin: Der neue KP-Generalsekretär To Lam im Juni Foto: Sputnik via ap

Er hat es geschafft: Vietnams erst seit Mai amtierender Präsident und früherer langjähriger Sicherheitsminister Tô Lâm ist im Einparteienstaat Generalsekretär der Kommunistischen Partei geworden. Aus seinem Machtwillen hat der 67-Jährige nie einen Hehl gemacht. Nach und nach hat er parteiinterne Konkurrenten unter dem Vorwand der Korruptionsbekämpfung ausgeschaltet. Im Jahr 2022 wurde er bei seinem Griff nach der Staatspräsidentschaft noch von anderen ausgebremst, doch klappte es im zweiten Anlauf im Mai.

Und nur Wochen später bekam er jetzt noch das mächtigste politische Amt Vietnams – die Partei steht in Vietnam über dem Staat. Tô Lâms Ziel war immer die Macht des Parteichefs und nicht die repräsentativen Aufgaben des Staatspräsidenten.

Tô Lâm ist erst der zweite Politiker nach dem vietnamesischen Übervater Ho Chi Minh, der zwei der vier Führungsposten in Partei und Staat gleichzeitig besetzt. Ob dies nur bis zum nächsten Parteitag im Januar 2026 gelten soll, ist unklar. Aber Tô Lâm dürfte inzwischen über genug Hebel verfügen, um seinen Willen durchzusetzen. Sein Aufstieg an die Spitze ist außen- wie innenpolitisch fatal. Mit der Entführung eines geflohenen Ex-Kaders von Berlin nach Hanoi hatte er gezeigt, dass ihm das Völkerrecht egal ist.

Dass dies kein Einzelfall, sondern ein Muster ist, zeigen weitere Verschleppungen geflohener Dissidenten. Wie kein anderer hat Tô Lâm in das repressive Klima in Vietnam gestärkt und die Zivilgesellschaft eingeschränkt. So wurden prominente Klimaschützer wegen angeblicher Steuerhinterziehung politisch mundtot gemacht. Dabei belastet das Foto von Tô Lâms Verzehr eines vergoldeten Steaks in einem Londoner Res­taurant, das dessen Betreiber bei Facebook postete, ihn selbst.

Das Steak soll das Dreifache von Tô Lâms Monatsgehalt gekostet haben. Er ließ das Foto sofort bei Facebook sperren. Ein Nudelsuppenverkäufer, der die Szene satirisch nachspielte, bekam mehr als fünf Jahre Haft. Dass Tô Lâm trotzdem vom Westen hofiert wird, liegt an Vietnams wirtschaftlicher Rolle als regionales Gegen­gewicht zu China.

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