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Vietnamesischer Ex-Politiker vor GerichtZweimal lebenslänglich

Ein Gericht in Hanoi verurteilt den aus Berlin entführten Ex-Funktionär Trinh Xuan Thanh erneut. Dieser spricht von einer „Säuberungsaktion“.

Trinh Xuan Thanh am Montag in Hanoi Foto: reuters

Berlin taz | Zum zweiten Mal binnen 14 Tagen ist der vietnamesische Ex-Politiker und Wirtschaftsboss Trinh Xuan Thanh am Montag zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden: Das Hanoier Volksgericht sprach Thanh, der im vergangenen Juli mutmaßlich aus Berlin entführt worden war, der Misswirtschaft und Korruption im hohen Millionenbereich für schuldig. Die Anklage bezog sich auf seine Zeit als Chef einer staatseigenen Firma zwischen 2009 und 2013.

Im Prozess sagte Thanh mit klarer Stimme, wie lokale Zeitungen hervorheben: „Ich habe das Gefühl, dass Beweise ignoriert werden und alles eher erfunden wird. Das ist ein falscher Kampf gegen die Korruption. Das ist eine Säuberungsaktion.“

Wie beim ersten Verfahren erhielten ausländische Journalisten keinen Zugang zum Gerichtssaal. Regionale Medien und Diplomaten aus Deutschland, Frankreich und der EU-Vertretung verfolgten das Geschehen aus einem Nebenraum. Dabei gab es eine um drei Minuten zeitverzögerte Kamera-Übertragung.

Nguyen Van Quynh, einer der Verteidiger, berichtete vom Prozess auf Facebook: Er habe einen Gutachter der Regierung befragt, nach welcher Methode er denn die Verluste der staatseigenen Firma berechnet hätte, die man seinem Mandanten zur Last lege. Darauf müsse er nicht antworten, habe der Gutachter gesagt. Das Gericht stimmte zu. Nach vielleicht zehn Minuten war der Facebookeintrag gelöscht.

Thanh möchte nach Berlin zurückkehren

Einen Beweisantrag – zu kontrollieren, wie viel Geld in einen Koffer passt – ließ das Gericht ebenfalls nicht zu. Die Anklage warf Thanh vor, im Jahre 2009 eine Summe von 400.000 Euro Bestechungsgeld in einem Koffer angenommen, später aber zurückgegeben zu haben. So viel Geld in vietnamesischer Landeswährung, das sind mindestens 14.000 Banknoten, rechnete der Anwalt vor.

Die Beispiele machen den Widerspruch deutlich, in dem sich Vietnam befindet: Auf der einen Seite vertritt die alleinregierende Kommunistische Partei die Position, sie habe immer Recht – und mit ihr der Staat und somit auch die Staatsanwaltschaft. Auf der anderen Seite beharrt die Verteidigung auf ihrer Haltung, nach der nur solche Fakten zu einer Verurteilung führen dürfen, die in einem fairen Verfahren bewiesen werden.

Thanhs Berliner Rechtsanwältin Petra Schlangenhauf, die mit den Hanoier Verteidigern im Kontakt stand, sprach von einem „in keinster Weise rechtsstaatlichen Verfahren. Beweise, die die Verurteilung gerechtfertigt hätten, konnte die Staatsanwaltschaft nicht vorbringen.“ Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes drückte sich diplomatischer aus: „In Teilen des Prozesses wurde erkennbar, dass es ein Bemühen um die Anwendung rechtsstaatlicher Prinzipien gab. Gleichzeitig gibt es prozessuale Aspekte, die wir kritisch sehen“, sagte sie der taz.

Thanh selbst hatte mehrfach im Prozess um seine Rückkehr nach Deutschland gebeten, wo seine Frau und zwei seiner vier Kinder leben. Er leide an starkem Rheuma. Es drohe zudem ein Schlaganfall. Auch das Auswärtige Amt fordert Thanhs Rückkehr nach Berlin. Der Verweis auf seine schlechte Gesundheit könnte Hanoi eine Handhabe geben, dem nachzukommen, ohne das Gesicht zu verlieren.

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