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Vier Tote bei Anschlag in Jerusalem

Bekenneranrufe der islamistischen Hamas-Bewegung / US-Außenminister Warren Christopher wieder in Nahost / Syriens Außenminister gibt israelischem Fernsehen erstes Interview  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Eine israelische Soldatin und ein Palästinenser wurden getötet sowie 14 Personen verletzt, als in der Nacht auf Montag zwei junge Palästinenser mit automatischen Waffen auf Passanten im Zentrum Jerusalems feuerten. Beide Täter wurden anschließend von israelischen Sicherheitskräften erschossen. Nach israelischen Angaben stammten beide Angreifer aus Gaza und gehörten zum militärischen Flügel der islamistischen Hamas-Bewegung. Einer soll früher Fahrer eines Kommandanten der bewaffneten Kampfgruppe der Hamas im Gaza-Streifen gewesen sein, der andere im Dienst der palästinensischen Polizei gestanden haben. Nach dem Attentat meldeten sich bei israelischen Zeitungen anonyme Anrufer, die sich als Hamas-Vertreter ausgaben. Sie bezeichneten den Anschlag als „Vergeltung für das Massaker in Hebron“. In einer Moschee der in der Westbank gelegenen Stadt waren im Februar 29 Palästinenser von einem jüdischen Siedler erschossen worden. Nicht ohne Bedeutung ist der für den Anschlag gewählte Termin: Der 9. Oktober ist der Jahrestag des Beginns der Intifada im Jahr 1987.

Der für Jerusalem zuständige PLO-Vertreter Feisal Husseini verurteilte den Anschlag und versprach, daß die palästinensische Führung „alles tun wird, um derlei Angriffe zu verhindern“. Der israelische Außenminister Schimon Peres erklärte, die Art der Gefahren, denen Israel ausgesetzt sei, „hat sich geändert. Der Kampf gegen sie kann nicht mit Waffengewalt geführt werden. Wir müssen den Friedensprozeß beschleunigen und die Armut beseitigen.“

Auch der US-amerikanische Außenminister Warren Christopher verurteilte den Anschlag. Während der Schießerei hielt er sich wenige hundert Meter entfernt in einem Hotel auf. Christopher versucht derzeit, durch eine erneute Nahost-Rundreise die Friedensverhandlungen zwischen Israel und Syrien wieder in Bewegung zu bringen. Fortschritte in dieser Richtung wurden am Samstag durch ein erstes israelisches TV-Interview mit dem syrischen Außenminister Faruk asch-Schara gekennzeichnet. Dieser appellierte an die israelische Bevölkerung, „die Vergangenheit zu vergessen“ und durch einen Friedensschluß mit Syrien den bisherigen Kriegen ein definitives Ende zu setzen. Notwendig dafür sei der vollständige Rückzug Israels vom Golan und aus dem Süden Libanons. „Unser Ziel ist jetzt Frieden, Ruhe, Stabilität und Wohlstand in der Region“, sagte asch-Schara.

Israels Außenminister Schimon Peres und sein Stellvertreter Jossi Beilin begrüßten diese Äußerungen sowie andere syrische „Schritte des guten Willens“ gegenüber Israel. Der syrische Außenminister war in der vergangenen Woche in Washington erstmalig mit den Vertretern jüdischer Organisationen in den USA zusammengekommen. Anschließend hatte er US-Präsident Bill Clinton eine Botschaft des syrischen Staatschefs Hafis al-Assad übergeben.

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