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Viele Unfälle schaden dem MeerDie unsichtbare Ölkatastrophe

London befürchtet nach den Lecks auf der "Ganett Alpha" die größte Ölpest für die Nordsee seit Jahren. Doch die wirkliche Katastrophe kommt schleichend.

Der Tanker im Hintergrund verursachte 2001 eine Ölpest. Doch nicht immer ist die Katastrophe so leicht erkennbar. Bild: ap

BERLIN taz | Erst kam die gute Nachricht: Beim Ölunfall auf der Bohrinsel "Ganett Alpha" vor der schottischen Nordseeküste fließe weniger Erdöl ins Meer, meldete am Montag der Ölkonzern Royal Dutch Shell, der die Plattform betreibt: Statt fünf nur noch zwei Barrell, also etwa 320 Liter pro Tag. Dann kam der Rückschlag: Der Ölkonzern musste zugeben, dass es an der Bohrinsel ein zweites Leck gebe. Wieviel Öl dort austritt, war vorerst nicht klar.

Damit wird der Unfall auf hoher See möglicherweise zur größten Ölpest, die die Nordsee seit langem gesehen hat, fürchtet das britische Umweltministerium. Bisher sind etwa 200 Tonnen Öl ausgelaufen – keine große Menge, verglichen mit einer wirklichen Ölpest. Bislang spricht auch Jörg Feddern, Öl-Experte bei Greenpeace, nur von einen "Unfall" statt von einer "Katastrophe". Aber das wirkliche Öko-Desaster bei jeder Ölförderung sind die vielen kleinen Unfälle, der ganz normale Betrieb der Plattformen, der Transport des Öls und die indirekte Einleitung von Öl und ölhaltigen Stoffen ins Meer.

So steht es in einem umfangreichen Gutachten des National Research Councils der USA aus dem Jahr 2003. Demnach fließen jährlich etwa 1,3 Millionen Tonnen Öl in die Weltmeere. Knapp die Hälfte davon sind natürliche Einträge aus unterseeischen Ölquellen, an die sich die marine Umgebung allerdings "anpassen kann und von ihnen sogar profitiert", wie die Wissenschaftler schreiben. Doch mit den restlichen 55 Prozent der Öleinträge hat das Meer schwer zu kämpfen: 38.000 Tonnen aus den Bohrungen, 150.000 Tonnen aus lecken Schiffen und Ölleitungen oder Unfällen beim Be- und Entladen sowie 480.000 Tonnen aus "diffusen Quellen": Privatboote, Schiffstanks oder Abwasser von asphaltbedeckten Straßen. Neben den Ölkatastrophen sorgen demnach auch "chronische Einleitungen" für "signifikante Toxizität, die auch in kleinen Dosen Organismen von der Zelle bis zur ganzen Population schädigen und töten können".

Diverse Vorfälle auf der ganzen Welt

Bekannt sind die großen Katastrophen: Nach der Explosion der Tiefseebohrplattform "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko flossen im vorigen Jahr über Monate hinweg etwa 780.000 Tonnen Öl ins Meer. Greenpeace-Analysen fanden auch ein Jahr später die Rückstände noch im Wasser und Sand der US-Südküste. Mitte Juli explodierte in der chinesischen Hafenstadt Dalian eine Erdölleitung und verseuchte mit 1.500 Tonnen Öl eine Meeresfläche von 480 Quadratkilometern. Im Internetlexikon "Wikipedia" findet sich eine unvollständige Liste der weltweiten Öldesaster: Demnach floss allein 2011 bei Unfällen in Großbritannien, den USA, Indien, China und Italien "schwarze Gold" ins Meer, für 2010 sind 13 Ölpesten registriert.

Kaum wahrgenommen werden dagegen die kleinen Unfälle: Allein im Golf von Mexiko verloren nach offiziellen Angaben zwischen 1996 und 2009 die Ölfirmen in 79 Fällen die Kontrolle über eine sprudelnde Quelle. "In Nordsee und Nordatlantik meldeten die Anrainerstaaten für 2007 insgesamt 515 Unfälle, bei denen Öl ausgetreten ist", sagt Greenpeace-Experte Feddern. Ob die Zahlen vollständig sind, kann niemand überprüfen: Die Ölfirmen seien nicht verpflichtet, die Unfälle zu melden oder ihre Notfallpläne offenzulegen, so Feddern. Ein schnelles Ende ist nicht abzusehen: Am Dienstag meldete der norwegische Konzern Statoil den Fund eines neuen gigantischen Ölfelds vor der Küste.

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4 Kommentare

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  • JD
    john doe

    Also vielleicht sollte mal jemand die Artikel gegenlesen. In diesem Artikel sind mindestens drei Fehler bzw. fehlende Wörter. Nur mal so als konstruktive Kritik, da hier in vielen lokalen Zeitungen auch immer wieder Rechtschreibfehler auftauchen und das lässt die Zeitung, in meinen Augen, immer ein wenig unseriöser erscheinen.

  • V
    vic

    1; Ganz kleines Leck, kaum der Rede wert und unter Kontrolle.

    2; Etwas größeres Leck, mehr Ölaustritt als vermutet.

    3; 2 Lecks, erhebliche Umweltbelastung möglich

    4; ??

  • T
    tsitra

    Der Artikel zeigt es deutlich auf:

    Die regelmäßige und leichtfertige Nutzung von PKW mit Verbrennungsmotoren ist ein weiterer Aspekt des kollektiven Scheiterns.

     

    Selbst die, die erkennen, dass sich Mobilität und Mobiltätsbedarf gegenseitig fördern und "hochschaukeln" (ähnlich einer Spirale der Gewalt)

    sehen sich zumeist außerstande diesen Teufelskreis zu durchbrechen.

     

    Die Fahrt zur Arbeit ist unantastbar, nicht verhandelbar.

     

    Ein sicherlich realitätsnahes Beispiel soll diesen Wahnwitz der vernuftbegabten Erdenbürger eranschaulichen:

     

    8000 Personen, die in Köln wohnen, fahren täglich nach Düsseldorf und nehmen dort 8000 Arbeitsplätze in Anspruch wodurch 8000 Personen, die in Düsseldorf wohnen, woanders eine Arbeit ausüben müssen, im blödsten Fall in Köln.

     

    Dieses Szenario lässt sich weltweit zigtaudenfach auf andere Städte übertragen.

     

    (Wie wär' es mit eine "Jobtauschbörse"?)

     

    Da wird sehr viél Öl und sehr viele PKw gebraucht...

     

    (Wie gut! Schafft Arbeitsplätze! [geht's eigentlich noch dämmlicher: "Arbeit als Selbstzweck!"?]),

     

    ...die Vergiftung von Luft, Wasser und Erde muss da unbedingt verharmlost werden, denn die Fahrt zur Arbeit ist unantastbar, nicht verhandelbar.

    Wie selbstverständlich diese "Pestkutschen" überall

    rumstehen, ordentlich oder (vermeintlich) gut aussehen müssen/sollen. Die alltägliche Gehirnwäsche durch die Medien greift schon lange!

     

    Sollte das falsch sein, wenn ich versuche meinen Kindern Mitgefühl und Respekt auch für Tiere und Pflanzen zu vermitteln? Sollte der menschengemachte mehrfache Genozid in Flora und Fauna garnicht beachtet werden?

     

    Welches Verhältnis, welche Beziehung hat der Mensch zur

    Ästhetik die das Leben und die Kunst in allen ihren Ausprägungen, wie Literatur, Musik usw. bietet,

    wenn er nicht erkennt wie dumm, hässlich, dreist, banal und simpel sein "fahrendes Zimmerchen" ist, für das er

    oft eine beträchtliche Energie aufwendet, ja sogar

    sein Geld zusammenkratzt. Unter anderem kauft er deshalb

    biliges Fleisch und quält damit wehrlose Tiere.

     

    Ein Freund sagt mir mal, als er bemerkte, dass mich

    die allgemeine Ignoranz bedrückte und ich nach möglichen Gründen forschte:

     

    "Schau, der Mensch ist sehr einfach, es lohnt sich garnicht über ihn nachzudenken."

     

    Vor vielén Jahren zeigte das Titelblatt eines

    Nachrichtenmagazins einen Steinzeitmenschen der scheinbar unbeholfen am Computer sitzt. Auf dem Bildschirm ist ein "Atompilz" einer nuklaaren Bommbenexplosion zu sehen.

     

    Darunter die Frage:

     

    "Der Mensch, zu dumm zum überleben?"

     

    Dass der Mensch so kluge Fragen stellt, wie z.B. ob es Unesndlichkeit gibt und auch sonstige reichlich

    sehr "helle" Leistungen vollbringt, kombiniert mit der Sorge um ihn und um Tiere und Pflanzen lässt mich immer denken und hoffen:

     

    Da müsste doch mehr drin sein!

  • K
    Ökomarxist

    Jeder Unfall mit Öl, ist eine Katastrophe zu viel, für die Umwelt. Sei es ein Tankerunfall,eine lecke Bohrinsel oder andere kleinere Unfälle mit Öl, die die Umwelt schädigen .Weil das ölverschmutzte Wasser dann Tiere,Pflanzen und Menschen die, die erstgenannten Lebensformen essen geschädigt werden.