piwik no script img

Viel Sonne, keine Spannung

■ Am Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg war die Kommunalwahl bereits am Mittag Geschichte / Das Thema: Der neue Sender Radio Prenzlauer Berg

Prenzlauer Berg. Gestern nachmittag am Kollwitzplatz. Kinder tummeln sich im Sandkasten oder nerven ihre ErzeugerInnen, um Geld für Softeis zu bekommen. Punks aus dem besetzten Haus in der Schönhauser Allee haben sich ein paar Meter weiter, Ecke Metzerstraße, gleich die Emaillebadewanne mit auf die Wiese genommen. Irgendwo bereitet sich eine Theatergruppe auf den Auftritt vor und in den Cafes fließen zäh die Gespräche.

Die Kommunalwahl scheint die wenigstens im Kiez noch zu interessieren. Die Schlangen haben sich von den Wahllokalen längst an Eisstände verlagert.

Wählen war man gleich nach dem Frühstück. Der BZA-Verkäufer Ecke Dimitroffstraße hat schon um halbacht „Momper die drei Kreuze gegeben“ und stöhnt nun schwitzend über den schleppenden Absatz seines Blattes. Im Cafe Westphal nicht das sonst übliche Gedränge. Kein Bier, nur Cola, Wein oder harte Drinks und aus dem Radio das eigentliche Thema: Seit drei Tagen auf UKW 100,58 und ohne Lizenz - „Radio Prenzlauer Berg“. Abends ist der neue Sender, zu dessen Gründern Feeling-B-Chef Aljoscha gehört, Veranstalter der einzig alternativen „Wahlparty“.

„Gut siebzig Prozent haben bei uns schon ihre Stimme abgegeben“, erklärt Birgitt Brüll vom Wahlvorstand des benachbarten Wahllokals in der Kollwitzstraße. Im Wahllokal 340 in der Dunckerstraße sind es zur selben Zeit erst 450 von 900 Stimmberechtigten. Hier sitzen, anders als noch zur Volkskammerwahl, bei der überwiegend Helfer aus kirchlichen Kreisen den Ablauf sicherten, mehrheitlich Mitglieder von Parteien im Wahlvorstand.

Doch egal ob CDU-, PDS- oder SPD-Anhänger, sie alle haben noch eine lange Nacht vor sich. Zwar hielten sich die befürchteten Schwierigkeiten beim Ausfüllen der großformatigen und unübersichtlichen Stimmzettel in Grenzen, doch das Auseinanderfalten der Scheine und das Auszählen der Stimmen, so vermutet man in den Wahllokalen, wird bis in den frühen Montag morgen dauern.

am

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen