Video des Nazitrios: Ein zweites brutales Bekenntnis

Das BKA hat ein weiteres Video des "Nationalsozialistischen Untergrunds" gefunden. Es deutet darauf hin, dass noch mehr Morde geplant gewesen sein könnten.

Die erste DVD der NSU mit Paulchen Panter. Bild: dpa

HAMBURG taz | Auf einer Festplatte des Neonazitrios Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe hat das Bundeskriminalamt ein zweites Bekennervideo des Trios entdeckt. Spiegel-TV wollte das Bildmaterial am Sonntagabend erstmals öffentlich zeigen, die taz konnte es vorab zur Begutachtung einsehen.

Darin inszeniert der "Nationalsozialistische Untergrund" (NSU) seine Taten noch radikaler als in dem bisher bekannten Video. Unterlegt mit der Musik einer Rechtsrockband, werden Bilder von den Opfern gezeigt und ihre Namen genannt. Zudem wird betont, dass man jetzt wohl sehe, wie ernst es den Tätern sei.

Auf das neue Bekennervideo sind die Ermittler in der Wohnung des Trios in Zwickau gestoßen, die von Beate Zschäpe am 4. November 2011 in Brand gesetzt worden war. In dem schwer beschädigten Haus war viel Beweismaterial sichergestellt worden, darunter eine Festplatte mit einem Film, die später rekonstruiert werden konnte. Bereits vor Weihnachten hatte die Bundesanwaltschaft dessen Inhalt grob skizziert.

Das Video ist gänzlich anders als die kurz nach dem Auffliegen der Terroristen bekannt gewordene DVD. Hier läuft nicht die Comicfigur Paulchen Panther durchs Bild, verhöhnt die Opfer und feiert die Taten. Das zweite Video ist eine eigene, professionelle Produktion.

"Am Puls der Zeit"

Unterlegt ist der Clip mit einem Song von "Noie Werte", einer der ältesten Rechtsrockbands um den Rechtsanwalt Steffen Hammer. Diese hatte seit 1987 eineinhalb Dutzend Tonträger eingespielt, bis sie im Dezember 2010 ihre Auflösung bekannt gab.

Der Szenekultsong der Band, "Am Puls der Zeit", gibt dem NSU-Video Sound und Message. "Mit Spezialeinheiten gegen deutsche Jugend, volle Kraft voraus! Verfolgung und Hass als gerechte Tugend machen dir den Garaus", singt Hammer und: "Denkt nach in der Form: dass nicht sein kann, was nicht sein darf, und dann kann es passieren, dass die Zeiten sich ändern und du kannst sagen - ich war dabei!" Dieser Gestus dürfte dem Trio gefallen haben. Wird doch auch gesungen: "Wir sind am Puls der Zeit, kein Weg führt an uns vorbei. Wir sind am Puls der Zeit, der Widerstand ist bereit!"

Als grafisches Element erscheinen in dem NSU-Video 14 Kästchen, die sich jeweils mit einem Datum eines Attentates füllen. Stets wird der Name eines Opfers eingeblendet und betont, dass jetzt deutlich werde, wie ernst es den Tätern sei. Das wirft die Frage auf, ob die Neonazis ursprünglich mehr als die zwei Anschläge und neun Morde an Migranten geplant hatten, derer sie sich in dem zynischen "Paulchen Panther"-Video rühmen.

Die Ermittler sollen laut Medienberichten außerdem überlegen, ob die Zahl 14 eine Anspielung auf den Szenecode "14 Words" sein könnte. Dieser geht auf einen Satz des US-amerikanischen Neonaziterroristen David Lane zurück: "We must secure the existence of our people and a future for White children."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Mit der taz Bewegung bleibst Du auf dem Laufenden über Demos, Diskussionen und Aktionen gegen rechts.

Hier erfährst du mehr

Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.