Video der Woche: Der Triumph des Demonstranten
Weil ein Interview mit einem Aktivisten dem US-Sender Fox News nicht passte, hat er es kurzerhand nicht veröffentlicht. Peinlich ist: Das Video ist trotzdem aufgetaucht.
Damit hat Reporter Bill Schulz von Fox News vermutlich nicht gerechnet, als er losging, um ein Interview mit "Occupy Wall Street"-Aktivisten zu führen. In den letzten Wochen zog der konservative Nachrichtensender die Besetzer immer wieder mit Beiträgen ins Lächerliche, in denen er zum Beispiel Aussagen der Demonstranten willkürlich auseinander schnitt und mit Szenen aus bekannten Filmen kommentierte.
Diesmal aber hatte der Reporter es mit dem wortgewandten Blogger und Aktivisten Jesse LaGreca zu tun. Der ließ sich durch Schulz' Fragen nicht aus der Ruhe bringen und drehte mit seiner Rhetorik den Spieß um. Im Interview mit dem Reporter kritisierte LaGreca nicht nur den Umgang, wie die Medien mit der Finanzkrise umgegangen sind, sondern auch konkret die Berichterstattung von Fox News: „Ich denke, es ist an der Zeit, dass die Menschen an unserer Demokratie mitwirken, was von Fernsehkameras und Leuten wie Ihnen nicht unterstützt wird.“
Schulz konterte daraufhin: "Aber wir geben euch mit dieser Aufnahme die Möglichkeit, eure Meinung loszuwerden und eine faire Berichterstattung zu bekommen." Dass das, was Jesse LaGreca antwortete, niemals gesendet wurde, scheint den Aktivisten nur zu bestätigen. Doch richtig peinlich ist: Die Besetzer haben das Interview mitgefilmt und das ungekürzte Video der Zeitung New York Observer zukommen lassen. Nun empört sich die Netzgemeinde über Fox News.
Dass die Aktivisten ausgerechnet bei dem Gespräch mitfilmten ist jedoch kein Zufall. Wenn die Besetzer Interviews geben oder Reden halten, werden diese immer vom eigenen Medien-Team oder Umstehenden dokumentiert. Aber auch Szenen, in denen Polizisten mit ihren Schlagstöcken auf die Menge eindreschen, halten die Demonstranten mit der Kamera fest.
Empfohlener externer Inhalt
Es ist ihre Art sich gegen ihre Gegner abzusichern: Indem sie von sich aus eine Medienöffentlichkeit herstellen, Beweise sammeln und damit deutlich mehr Leuten erreichen. Vor allem aber schützen sie sich damit selbst. So empfiehlt LaGreca in einem Interview mit dem New York Observer: "Hab immer deine Kamera griffbereit, damit du so etwas aufnehmen kannst."
"Wir brauchen eine enorme mediale Aufmerksamkeit und wenn uns andere Medien die nicht geben, erzeugen wir sie eben selbst", sagt ein Aktivist in einem anderen Video. Es ist ein Kampf gegen viele der klassischen, amerikanischen Medien. Die haben die Bewegung lange Zeit nicht ernst genommen.
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