Verwendung von Palmöl: Ein fettes Dilemma
Andere Fette als Palmöl zu verwenden, wäre unökologischer, so WWF. Die Organisation steht für ihre Rolle in der Branche selbst in der Kritik.
Doch ein pauschaler Boykott wäre der falsche Weg, zeigt eine neue Studie des WWF: Das Ersetzen des Öls durch andere Pflanzenöle in Deutschland könnte die ökologischen Folgen sogar verschlimmern, folgert die Umweltschutzorganisation in dem Bericht, der am Dienstag veröffentlicht wird.
Bei einem Austausch von Palmöl durch Kokos-, Soja-, Sonnenblumen- und Rapsöl stiege demnach der Flächenbedarf weltweit um rund 1,4 Millionen Hektar an. Zu dem erhöhten Flächenbedarf kommt es, da die Ölpalme viel ertragreicher ist als die meisten anderen Pflanzen.
Durch den höheren Flächenbedarf und einmalige Landnutzungsänderungen in der Folge stiege zudem der CO2-Ausstoß stark an. Insgesamt rund 309 Millionen Tonnen zusätzliche Emissionen hat der WWF errechnet. Auch gefährde ein solches Szenario Tier- und Pflanzenarten noch stärker.
Bedrohte Orang-Utans
Wenn man das Palmöl ausschließlich durch heimisches Rapsöl ersetzte, sei das zwar für die Artenvielfalt vorteilhafter. Jedoch werde dann für den Anbau in Deutschland eine zusätzliche Fläche von 730.000 Hektar benötigt, sagt WWF-Palmölexpertin Ilka Petersen.
Das ist eines der Probleme des Anbaus: „Er wächst rund um den Äquator, wo es auch die höchste Biodiversität gibt“, erklärt Petersen. Etwa 85 Prozent der weltweiten Palmölproduktion kommt aus Malaysia und Indonesien. Für Plantagen wird Regenwald gerodet, was Tieren wie dem bedrohten Orang-Utan den Lebensraum nimmt. Auch aus sozialer Sicht ist der Palmölsektor höchst umstritten: Immer wieder wird etwa von der Vertreibung Indigener von ihrem Land berichtet.
Ilka Petersen, WWF
Insgesamt sei die Datenlage für die Palmölindustrie recht unsicher. Der WWF hat aber herausgefunden, dass ein Großteil des hiesigen Verbrauchs in den Tank wandert: 41 Prozent stecken demnach in Biodiesel. Weitere 40 Prozent des deutschen Konsums verwende die Nahrungsmittelindustrie.
Verzicht statt Ersatz
Deswegen fordert der WWF zum Verzicht auf Biokraftstoffe aus Palmöl auf – und dazu, das eigene Einkaufsverhalten zu überdenken. „Weniger Fettes, Süßes, Fertiges, weniger Fleisch“, fasst WWF-Referentin Petersen zusammen – denn oft wird das Palmölfett in Fertigwaren, Süßigkeiten und in Futtermitteln verwendet.
So lasse sich die Hälfte des deutschen Palmölbedarfs einsparen, betonen die Umweltschützer. Für die anderen 50 Prozent fordern sie vor allem bessere Anbaubedingungen – auch die Politik solle sich dafür einsetzen, dass Importe in die EU soziale und ökologische Standards erfüllen müssen.
Die Zertifizierung mit der größten Reichweite ist der RSPO-Standard, mit der allerdings derzeit auch nur 17 Prozent des weltweiten Palmölverbrauchs ausgewiesen sind. Der WWF ist Mitbegründer des Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO), unter dessen Mitgliedern auch Großkonzerne wie Unilever sind. Doch die Kriterien der Zertifizierung sind etwa von einem Ökolabel weit entfernt. Es seien nur „Mindestanforderungen“, betont auch der WWF.
WWF steht in der Kritik
Auch wenn Umweltschützer mit Forderungen etwa nach einem Verzicht auf Biokraftstoff aus Palmöl übereinstimmen – viele sehen die Organisation wegen der Unterstützung des RSPO-Siegels skeptisch: „RSPO ist Greenwashing“, sagt Mathias Rittgerott, Campaigner beim Verein „Rettet den Regenwald“. „Da sitzen die größten Umweltzerstörer mit am Tisch.“
Auch Oliver Pye, der an der Universität Bonn zum Thema Palmöl forscht, kritisiert die Nähe des WWF zur Industrie. Die Organisation wiederhole „bekannte Argumente, die seit Jahren von der Propagandaabteilung der malaysischen Palmölindustrie, des Malaysian Palm Oil Councils, hervorgebracht werden“, mahnt Pye. Dass die Palmölpflanze so produktiv sei, ändere nichts daran, dass die Zerstörung von Regenwäldern eine „einzigartige Biodiversität vernichtet“.
Vor allem aber stört sich der Forscher daran, dass der WWF die sozialen, politischen und gesellschaftlichen Machtverhältnisse nicht beachte. Zwar fordert der WWF von Unternehmen, Palmöl zu nutzen, das „strenge soziale und ökologische Kriterien“ erfüllt. Das reicht Pye nicht: Er plädiert dafür, mit „Kleinbauernverbänden und Gewerkschaften“ zusammenzuarbeiten. „Wir sollten ihre Kämpfe unterstützen und nicht ihre Gegner.“
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