Quasi-Werkschau des kanadischen No-Budget-Videofilmers Clark Nikolai: „Pourqoi pas en Saskatchewan?“ im Lichtmeß : Verwaschener Prärie-Surrealismus
„Clark Nikolai hat seit 1981 mehr als 35 Videos gedreht“, schreibt Wayne Yung, „die meisten sind aber außerhalb der Prärieprovinzen Kanadas (Alberta, Saskatchewan und Manitoba) gänzlich unbekannt.“ Derzeit in Hamburg zu Hause, wuchs der Videokünstler und -kurator Yung selbst unweit besagter kanadischen countryside auf. Ende der 90er Jahre geriet er in eine Nikolai-Vorführung und war begeistert: „Wer ist dieser Typ?“
Jetzt bringt Yung mit Pourqoi pas en Saskatchewan? eine Art Nikolai-Werkschau in Umlauf, aber selbst zum Geheimtipp müsste dieser es wohl erst noch bringen, auch wenn er die erwähnten Prärien inzwischen verlassen hat – seit 1997 lebt der bekennende Hardcore-Bartträger im ungleich urbaneren Vancouver. Am ehesten mag er den BesucherInnen lesbisch-schwuler Filmfestivals ein Begriff sein: Im vergangenen Jahr sorgte dort das von Nikolai zusammengestellte Programm Barbophilia für Aufsehen, einer Sammlung kurzer Filme über Bears, jene bärtigen und bauchigen Männer, wie sie Teilen der Schwulenbewegung als Sexsymbole gelten.
Pourqoi pas en Saskatchewan vereint in chronologischer Folge neun Arbeiten Nikolais aus den Jahren 1983 bis 2002 – allesamt schnell und billig gedreht auf verschiedenen Generationen von Videotechnologie, durchzogen von anarchischem Humor und denkbar weit entfernt vom Chic der gleichzeitig erblühenden Clip-Industrie. Für Spanghew Decorum (1983, Foto unten links) bastelte Nikolai aus Sprachkursplatten zunehmend befremdliche Cut-Up-Dialoge, die er dann, nun ja, annähernd lippensynchron in Szene setzen ließ: „My name is ... Fresh fruit?“ Es folgt mit Sporadic Hemorrhoid is Squalid (1983, Foto Mitte) eine authentisch anmutende Kurzreise in ländliche Subkulturbestrebungen, Müllhaldenbesuch inklusive: In Saskatoon, erfahren wir, trugen Punks in den frühen 80ern Oberlippenbärte und Vokuhila-Frisuren, dafür sahen ihre Gitarren aber nicht viel anders aus als die zur gleichen Zeit im Sonic Youth-Proberaum malträtierten.
In der Miniaturgroteske Sinfonia Domestica (1985, Foto rechts) glaubt eine Frau, von ihrer Mitbewohnerin und besten Freundin, einer Schaufensterpuppe ohne Gliedmaßen, hintergangen worden zu sein. Am Ende brennen aber beide zusammen nach „Suburbia“ durch und ziehen das Kind der Schaufensterpuppe auf – einen rosa Flamingo. Er drehe „was immer mir in den Kopf kommt“, sagte Nikolai einmal. All seine Filme hätten „ein komödiantisches Element an sich, auch wenn es nicht offensichtlich an der Oberfläche liegt“. Es ist da und will aufgespürt werden. Warum nicht im Lichtmeß? Alexander Diehl
Donnerstag, 20 Uhr, Lichtmeß (OmU); in Anwesenheit von Clark Nikolai und Wayne Yung